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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


Kreuze des Erlösers mit einander, legte diese beiden Theile in die Spalte, und warf sich dann hin und betete weinend zum Herrn; als er aufstand und demüthig den Segen sprach, erlangte er die Wiederherstellung des schadhaften Theiles.

Derselbe Gero sah einstmals am hellen Tage, als er in seine Kapelle trat, den heiligen Victor mit dem Teufel kämpfen und siegen, wie er dies nachher seinen Getreuen anvertraute.

Seinen Tod verkündete der Teufel, der Neider aller Tugendhaften, einer Aebtissin Gerberga, welche Gero wegen ihres reinen Sinnes und Wandels sehr hochschätzte und oft um sich hatte, (wie der Böse das schon früher bei andern zu thun pflegte), mit folgenden Worten: „Ich wollte dir wohl ein Geheimniß, daß ich besitze, mittheilen, wenn ich nicht wüßte, daß du bisher alles dir Anvertraute nie bewahrt hast. Versprichst du mir indeß, dies treulich zu halten, so sage ich es dir unter der Bedingung, daß ich dir sicher das Leben nehme, wofern du es Einem offenbaren solltest. Gero, dein Freund, wird in diesem Jahre in eine solche Krankheit verfallen, daß man ihn drei Tage lang für todt halten wird; wird er aber von jemand während dieser Zeit bewacht, so kann er dieser Gefahr wohlbehalten entrinnen.“ Bestürzt über das Vernommene, versprach die Magd Christi, dies vor jedermann getreulich zu verschweigen. So wie sie ihn aber verschwinden sah, machte sie sich sogleich auf den Weg und erzählte dem Erzbischof alles. Als das der Teufel hörte, züchtigte er sie so hart, daß sie nach wenigen Tagen dieses irdische Leben mit dem ewigen vertauschte. Am Tage ihres Begräbnisses aber hielt der Erzbischof selbst die Messe, und setzte den Anwesenden die Verdienste der Verstorbenen auseinander, indem er die Versammelten um Vergebung und Nachsicht für sie bat, und ihr dieselbe selbst angedeihen ließ.

Als er darnach von der erwähnten Krankheit befallen wurde, vertrauete er sich einen gewissen Evurger zur Bewachung an. Der aber ließ ihn, als er von heftigen Schmerzen in eine tiefe Ohnmacht versenkt war, wie einen Todten waschen, auf die Bahre

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/90&oldid=- (Version vom 30.7.2023)