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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

Dieser dagegen stellte sich ihm, nachdem er eidlich erhärtet hatte, daß alles so wahr sei, zum Zweikampf; allein gleich beim ersten Anlaufe verlor er die falsche Rechte, und gab somit überwunden seine Bosheit kund. So errettete sie der Herr von der falschen Anklage; sie aber gefiel Gott durch die Unschuld ihres Wandels. Während aber ihr Gemahl noch lebte, hatte sie, oft geschmäht und vielen Mühen ausgesetzt, alles mit starker Seele ertragen, und war so bemüht, die angeborne Ehre zu bewahren. Als sie aber aus diesem Leben schied, wurde sie in Mainz in der St. Albanikirche vielbeweint bestattet. Dort hängt noch jetzt als ein Andenken an sie ihre silberne Spindel[1].

25. Von dem oben erwähnten Herzog Heinrich [von Baiern] aber berichte ich noch einige gottlose Handlungen, die er als regierender Herr ausgeübt hat, wobei man beachten mag, daß allem, was ich oben gesagt, nicht zu widersprechen ist. Den Patriarchen von Aquileja ließ er entmannen, den Erzbischof [Herold] von Salzburg blenden[2]. Die Gründe, welche ihn dazu bewogen, will ich nicht anführen, weil sie zu einer solchen Bestrafung nicht berechtigten, wie ich in Wahrheit weiß. Als er kurz vor seinem Ende vom Bischof Michael von Regensburg wegen dieser Gewaltthaten vermahnt wurde, bekannte er nur in Bezug auf den Patriarchen gesündigt zu haben, hinsichtlich des Erzbischofs keineswegs; indem er dabei ganz verkannte, wie selten etwas ohne Fehl ist. Darum fleht David zu Gott: „Verzeihe mir die verborgenen Fehler!“ [Psalm 19, 13].

Heinrichs Gemahlin Juthitta [Jutta] war dabei und hörte dies Bekenntniß. Als er darauf starb, setzte sie seine Leiche in der von ihm erbauten Liebfrauenkirche [zu Regensburg] mit großer Trauer bei, und suchte alle Vergehungen, die er, wie sie wußte, oder von anderen erfuhr, im Leben sich hatte zu Schulden kommen lassen, durch ihre Thränen und unzählige Almosen zu sühnen. Sie

  1. Sie starb schon 953 vor ihrem Gemahl und die Geschichte scheint eine leere Fabel zu sein.
  2. Im J. 954.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/82&oldid=- (Version vom 28.9.2023)