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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

Michael folgen. Nachdem dieser schon eine lange Zeit die ihm anvertraute Heerde auf das Trefflichste gehütet hatte, eilte er, weil die Ungarn die Ostlande wieder angriffen, mit den übrigen Fürsten Baierns denselben zur Hülfe. Als es aber darnach zwischen beiden Heeren zur Schlacht kam, wurden – o des Schmerzes! – die Unsern vom Feinde besiegt und vernichtet. Der Bischof aber lag mit einem abgeschnittenen Ohre und an anderen Gliedern wund, für todt unter den Erschlagenen. Als aber ein ihm feindlich gesinnter Mensch, der sich, neben ihm liegend, vor den Schlingen der Nachsetzenden geborgen hatte, sah, daß er allein noch lebte, nahm er die Lanze und wollte ihn tödten. Da aber überwand jener, in Gott erstarkt, nachdem sie lange in wechselvollem Kampfe auf Leben und Tod mit einander gerungen hatten, siegreich seinen Feind, und streckte ihn nieder, und kam nach einer Wanderung voller Mühseligkeiten wohlbehalten in bekannte Gegenden. Darob freute sich seine Heerde und jeder, der Christum lieb hatte. Die Geistlichkeit empfing insgesammt den tapferen Streiter, die Gemeinde ehrte und schätzte den besten Seelenhirten, und seine Verstümmelung gereichte ihm nicht zur Schande, sondern vielmehr zur Ehre. – Jetzt will ich zum Gange meiner Erzählung zurückkehren.

18. Der großmächtige Kaiser der Römer willigte darein, daß das apostolische Haupt, welches in Christo mächtiger war, als er, über den niemand außer Gott richten konnte, Namens Benedikt [V], in Folge einer, wie ich hoffe, falschen Anklage abgesetzt wurde[1], und ließ ihn (hätte er’s doch nicht gethan!) nach Hammaburg [Hamburg] verbannen, wie ich weiterhin ausführlicher berichten werde. In jener Zeit regierte Herzog Hermann in Sachsen. Ihn empfing der Erzbischof in einer zu Magdeburg abgehaltenen Versammlung des Volkes, die er anstellte, und führte ihn an der Hand unter dem Geläute sämmtlicher Glocken in die hellerleuchtete

  1. 964. Aber ein Erzbischof war in Magdeburg erst seit 968, und die folgende Geschichte ist also nur ganz äußerlich angeknüpft und gehört in eine spätere Zeit.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/73&oldid=- (Version vom 27.9.2023)