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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

aufreizte, darüber, daß das Amt des Grafen Siegfried von Merseburg, auf welches er selbst Anspruch gemacht hatte, dem Markgrafen Gero verliehen und ihm außerdem seine ganze mütterliche Erbschaft entzogen sei. Ihn belagerte der König in Eresburg [Stadtberge][1], und suchte ihn mit Drohungen und mit Güte von seiner Anmaßung abzubringen: aber vergebens; da drang das Heer in die eroberte Stadt ein und trieb den vom Kampfe ermatteten Jüngling bis in die St. Peterskirche, wo einst im Alterthum die Irmensäule stand. Zuletzt aber hauchte er, durch’s Fenster herein von Maginzo’s Lanze getroffen, neben dem Altare seinen Geist aus. Den Maginzo aber strafte der König nachher mit schmählichem Tode, im zweiten Jahre seiner Regierung.


2. Aus allen offenen und geheimen Gefahren ging Otto durch die Gnade des Herrn und die unablässige Fürsorge seiner makellosen Gemahlin Editha stets wohlbehalten hervor. Auf ihren Antrieb begann er die Stadt Magadaburg zu bauen, wohin er die leiblichen Ueberreste des heiligen Märtyrers Innocenz mit großer Pracht bringen ließ. Denn diese Stadt erwarb er und baute sie um der ewigen Vergeltung willen und zum Heile des Vaterlandes. Dabei half ihm die hochselige Editha, wie sie nur konnte. Sie verlebte, mit unzähligen Tugenden begabt (was nach ihrem Tode durch Zeichen und Wunder offenbar wurde), die ihr beschiedene Erdenfrist auf eine Gott und Menschen wohlgefällige Weise. Ihre Ehe währte 19 Jahre; sie starb im elften Jahre seit ihrer und ihres Gemahls Krönung, am 23. Januar. 946. Sie hinterließ einen einzigen Sohn, Liudulf, strahlend in jeglicher Kraft. Ihr Leichnam wurde in der genannten Stadt in der Hauptkirche in der nördlichen Kapelle bestattet. Der König aber empfing auf der Jagd, auf der er sich etwas zu erholen hoffte, die tödtliche Schmerzenskunde, doch ertrug er das unerhörte Leid mannhaft, das nur durch des geliebten Sohnes Ankunft gelindert wurde. Dieser wanderte als Knabe in löblicher Einfalt des Pythagoras

  1. Im Kreise Brilon gelegen.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/54&oldid=- (Version vom 26.9.2023)