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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

Christus nach seinem Bilde zu Fürsten dieser Erde bestellt hat, irgend jemanden unterthan sein sollten außer nur denen, welche nach dem Muster des Herrn durch die Glorie geistlichen Segens und geistlicher Krönung vor allen Sterblichen hervorragen. Und doch höre ich, daß einige Geistliche unter der Gewalt von Herzogen und (was ich noch mehr beklage) selbst von Grafen große Kränkung erdulden, und daß ihnen nichts zu thun verstattet ist, als was denen Vortheil bringt, die diese Welt lieb haben. Denn eine gottlose Gewalt fängt, wenn sie die nach Gottes Willen rechtmäßig Herrschenden bedrängt, bald an, mit ausgedehnter Grausamkeit zu wüthen.

16. Im Palaste des Königs ereignete sich ein wunderbarer Vorfall. Vor den Augen des ganzen versammelten Volks lief ein Hund, wie er aus der Ferne seinen Feind sitzen sah, an denselben heran, und biß ihm plötzlich mit einem Bisse die rechte Hand ab, worauf er, als habe er etwas gutes gethan, mit wedelndem Schwanze zurücklief. Als alle staunten und sich höchlich verwunderten, ward der Unglückliche gefragt, was er gethan habe? Er aber antwortete sogleich, das sei ihm als eine Strafe von Gott mit Recht widerfahren, und fuhr fort: „Ich fand einen Mann, den Herrn dieses Hundes, müden Leibes schlafend, und ich unglücklicher erschlug ihn. Schon damals gleich hatte ich von demselben Verfolger, der mich eben verstümmelt hat, viele Angriffe auszustehen; jetzt aber habe ich schuldiger mich ihm, dem ich damals kaum entkam, nachdem ich alles ganz vergessen glaubte, nun selbst preisgegeben. Nunmehr weiß ich, daß kein Verbrechen hier oder vor dem künftigen Gerichte straflos sich birgt.“

17. Viel sind, geliebte Leser, der Thaten unsers Königs und [WS 1] Kaisers, gar würdig nie erlöschenden Gedächtnisses; aber weil ich diese, wie sie waren, nicht völlig darzustellen vermag, so gebe ich diesen Gegenstand auf, und zwar schweren Herzens, weil er, wie gesagt, ein König unseres Stammes, in all seiner Trefflichkeit

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: und und
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/50&oldid=- (Version vom 26.7.2023)