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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

so muß man sich doch wenigstens der Todsünden enthalten und an hohen Festtagen sich Reinheit bewahren. Daß an gesetzmäßigen Eheverbindungen nichts unerlaubtes ist, bezeugt die Schrift; aber dieselben erlangen durch Beobachtung der Feiertage eine ehrbare Würde und werden nicht vom Sturme drohender Gefahr beunruhigt. Um dies weiter zu beweisen, gebe ich noch einen Beleg. Ein Magdeburger Bürger, Namens Uffo, zwang am Feste der unschuldigen Kindlein in heftigem Rausche seine Frau, Namens Gelsusa, ihm zu Willen zu sein. Als diese in jener Nacht von ihrem Manne geschwängert nun zu gehöriger Zeit ein Kind gebar, hatte dieses verbogene Fußzehen. Voll Schreckens ließ sie sogleich ihren Mann herbeirufen und zeigte ihm das Wunder, indem sie, mit Seufzen erkennend, daß das durch ihrer beider Schuld geschehen sei, sagte: „Habe ich dir nicht vorhergesagt, du solltest nicht also thun? Siehe, nun kündigt sich uns der Zorn Gottes an und mahnt uns gewaltig, daß wir so nicht ferner handeln! Du hast eine große Sünde begangen, daß du mir befahlst, was nicht recht war, und ich habe eben so gefehlt, daß ich dir gehorcht habe!“ Als aber das Kind getauft war, ward es aus der Verbannung dieses Lebens zur Schaar der unschuldigen Kindlein hinübergeführt. – Der ist beständig wohl daran, der eine Ehegenossin besitzt, die für den abwesenden Gemahl unermüdlich betet, und ihn, wenn er bei ihr ist, ihr Geschlecht vergessend, ermahnt, über sich zu wachen.

15. Zu der Zeit, da König Heinrich auf der Höhe seiner Macht war, war in Baiern ein Herzog, Namens Arnulf, ausgezeichnet an Körper und Geist, der die besondere Gewalt hatte, alle Bisthümer in jenem Lande zu verleihen; als er aber nach mannigfachen Beweisen seiner hohen Eigenschaften starb, hinterließ er seinen Nachfolgern ein so großes Ehrenrecht nicht. Vielmehr ordnen solches allein unsre Könige und Kaiser, die, als irdische Stellvertreter des höchsten Kirchenlehrers eingesetzt, mit Recht über ihren Geistlichen stehen, weil es allzu unpassend wäre, daß die, welche

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/49&oldid=- (Version vom 26.7.2023)