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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

meinen Kriegsleuten und den übrigen dort versammelten, und das Grunzen hörte der Kaplan, der neben mir schlief. Als ich dies am Morgen erfuhr, und fragte, ob sich dergleichen schon früher dort gezeigt habe, ward mir von den ältesten Personen, die sich daselbst befanden, erzählt, daß sich einmal etwas ähnliches ereignet habe; und das sah ich denn auch in demselben Jahre [13. Nov. 1012] gar kläglich in Erfüllung gehen durch den Tod der ehrsamen Frau Liudgard, welche von der einen Seite meine Muhme, von der andern Seite meines Vetters Frau und (was unter Verwandten die Hauptsache ist) meine vertraute Freundin war. Ich werde noch später ausführlicher von ihr reden.

Oft ist es mir auch begegnet, daß ich in der Nacht Holz fällen hörte, und häufig habe ich und mein Gesellschafter, wenn die andern schliefen, deutlich vernommen, wie verstorbene Personen mit einander eine Unterredung hielten; an diesen beiden Zeichen merkte ich in der Regel, daß am nächsten Tage ein Todesfall eintreten werde.

Obwohl ich nun nichts weiter als gleichsam ein Schleifstein bin, der nicht sich, sondern das Eisen schärft,[1] so sage ich doch, um nicht etwa ein stummer Hund gescholten zu werden, folgendes für die Ungelehrten und besonders für die Slaven, welche glauben, daß mit dem Tode alles vorbei sei. Ich verkündige festiglich allen Gläubigen die Gewißheit der Auferstehung von den Todten und der einstigen Wiedervergeltung, einem Jeglichen nach seinem Verdienste. Es giebt nämlich drei Gattungen von Seelen, welche nicht zu gleicher Zeit anfangen und enden. Die Seelen der ersten Gattung sind die der körperlosen Engel; diese sind ohne Anfang und Ende. Die zweite Gattung ist die der Menschenseelen, welche mit den Körpern zwar den Anfang, nicht aber das Ende gemein haben. Denn diese Seelen sind unsterblich und haben, wie einige heidnische Schriftsteller meinen, jenseits eine andere Bestimmung, als hienieden. Die dritte Art von Seelen umfaßt die des Viehes und der Vögel, welche zugleich mit den Körpern entstehen und vergehen. Daher

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/41&oldid=- (Version vom 25.7.2023)
  1. Anspielung auf Horaz Episteln, B. II, 3. B. 304.