Seite:Die Chronik des Thietmar von Merseburg.pdf/38

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

biegsam ist, willigte sie, besonders auch da sie wußte, daß er in jeder Hinsicht ein feiner Mann war, in seinen Antrag, und verheirathet war sie ihm in geistlichen, wie in weltlichen Dingen nützlich. Sie gebar ihm im Laufe der Zeit drei Söhne, Otto, Heinrich und Bruno, und erzog sie glücklich, so daß die Freude über eine solche Nachkommenschaft die Schmerzen der Gebärerin bei weitem überwog. Und da nun Otto der Gegenstand meiner Darstellung ist, halte ich es nicht für nöthig, alle Thaten Heinrichs hier einzeln durchzugehen, da sowohl in dem Sohne der hohe Werth des Vaters sich deutlich zeigt, als auch der Ruhm, der Heinrichs Leben umstrahlt, von vielen Schriftstellern hinlänglich erhoben ist. Doch füge ich einiges bei, was ich für besonders nöthig erachte.

Folgende Völker machte er sich zinsbar: Die Böhmen, Deleminzen, Apodriten, Wilten, Heveller und Redarier. Diese aber empörten sich sofort wieder, wiegelten noch andere Stämme auf, und eroberten 929. die Burg Wallislevo [Walsleben][1], welche sie anzündeten und zerstörten. Diese Unthat zu rächen, kam unser Heer zusammen, belagerte die Burg Lunzin [Lenzen][2], griff ihre Bundesgenossen, die sie zu schützen versuchten, an und schlug sie so, daß nur wenige entkamen; die Burg aber nahm er in Besitz. Von den Unsern aber fielen zwei Urgroßväter von mir, beide Liutheri genannt, treffliche Ritter von hoher Abkunft, des Vaterlandes Zierde und Schutz, am 5. September mit vielen andern.


7. Auf daß keiner der Gläubigen Christi an der künftigen Wiederauferstehung der Todten zweifle, sondern in heiliger Sehnsucht trachte nach den Freuden seliger Unsterblichkeit, will ich einen Vorfall anführen, der sich, wie ich zuverlässig erfahren habe, in der nach der Zerstörung wieder erbauten Burg Wallislevo in Wahrheit zugetragen hat. Der Priester der dortigen Kirche pflegte beim Anbruch des Tages in der Morgendämmerung die Frühmesse zu

Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/38&oldid=- (Version vom 19.2.2023)
  1. Wallislevo lag auf der linken Seite der Elbe nördlich von Stendal in der Altmark.
  2. Lenzen liegt in der Westpriegnitz.