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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

919. ihm, der jetzt ihr Herr und König war, indem sie Christus und die ganze Kirche gläubig als Zeugen anriefen, weinend das ihnen Anvertraute. Er nun empfing zuerst in frommer Demuth das Geschenk der göttlichen Gnade, dann aber den allgemeinen Beweis so großer Liebe voll Dankes gegen Gott, und gelobte, diesem und allem, was sie sonst gemeinsam von ihm begehrten, zu entsprechen. Die kirchliche Salbung und Einsegnung, welche Erzbischof Heribert ihm antrug, wollte er nicht, wie seine Vorgänger, entgegen nehmen, indem er derselben ganz unwert zu sein versicherte. Ich aber glaube, daß er darin doch nicht recht gehandelt hat; denn ich habe im Leben des heiligen Othelrich, den Heinrich nachher zur bischöflichen Würde beförderte, gelesen, daß die heilige Märtyrerin Afra unter vielen anderen Gesichten, die sie diesem von ihr hochbegnadigten Bischofe zu Theil werden ließ, demselben auch zwei Schwerter zeigte, das eine mit, das andere ohne Scheide, und mit diesem letzteren soll sie auf Heinrich gedeutet haben, welcher der Weihe nicht theilhaftig geworden sei. Doch solches überlasse ich Gottes unerforschlichem Gerichte, und gehe weiter.


6. Der überall verbreitete Ruf des jungen Königs erfüllte die Herzen seiner Freunde mit Lust, die seiner Widersacher aber mit Trauer, weil er der Mann war, der die Seinen mit Weisheit zu behandeln, seine Feinde aber mit Muth und Gewandtheit zu überwältigen wußte. Indeß war dem Könige sein Sohn Tammo geboren; und indem die Liebe zu seiner Gemahlin abnahm, entbrannte er im Stillen für eine schöne und reiche Jungfrau, Namens Mathildis. Bald brach denn auch die Glut der heimlichen Liebe hervor, und indem er nun endlich öffentlich bekannte, daß er bisher sich durch die unerlaubte Ehe arg versündigt habe, ließ er durch Verwandte und Abgeordnete die Geliebte, die, eine Tochter des Theodrich und der Reinhilde, aus dem Stamme König Widukinds entsprossen war, fragen, ob sie seinen Wunsch gewähren wolle. Und wie denn eines Weibes Sinn

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/37&oldid=- (Version vom 19.7.2023)