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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

menschlichen Vollkommenheit verband, das verübte Unrecht jener Eheverbindung erfuhr, erbebte er vor Schrecken über die Schuld seiner Schäflein, verbot ihnen sogleich durch einen Bevollmächtigten und durch eine Zuschrift unter Androhung des Bannes apostolischer Amtsgewalt jede weitere fleischliche Vermischung, und berief sie beide zur angesetzten Synode. Heinrich, bestürzt ob dieser Kunde, eilte zum Kaiser, erzählte ihm die ganze Sache dem Zusammenhange nach, und bat ihn um Hülfe, die ihm auch Konrad, der sein Freund war und auch seines Vaters, Herzog Otto’s, wohlbekannte treue Dienste berücksichtigte, sofort gewährte. Denn eiligst schickte er einen Abgeordneten an den Bischof, und verlangte, er solle die durch sein Gebot Gebundenen sogleich wieder lösen und die ganze Sache bis zur persönlichen Erscheinung des Königs aussetzen.

912. Als demnach Herzog Otto von Sachsen am 30. Nov. den Weg alles Fleisches ging, erhielt der vielerwähnte Jüngling als sein Nachfolger in dem erledigten Besitze, dem Erbrechte gemäß, die Hausgüter seines Vaters; dazu auch durch gnädige Verleihung von Seiten des Königs die Lehen desselben zum größten Theil. Jedoch trug er es mit allen den Seinigen voll Unwillen, daß doch noch etwas an demselben fehlte, und daraus erwuchs nachher, wie mit dem Waizen das Unkraut, die Wucherpflanze verborgenen Hasses. Der König, welcher dieses wahrnahm, stellte sich aus Vorsicht unwissend, und versuchte, da er sich nicht getraute, ihn mit offener Gewalt zu überwinden, vermittelst der bekannten Verschlagenheit des Erzbischofs Hatho [von Mainz], welcher auch seinem Vorgänger im Reich durch Enthauptung des Grafen Aethelbert zu Teres den Sieg verschafft hatte, ihn zu überlisten. Allein diesen Plan machte Gottes Weisheit zu Schanden. Dem Meister nämlich, der auf Befehl des Erzbischofs eine goldene Kette, mit der Heinrich um’s Leben gebracht werden sollte, mit wunderbarer Kunst arbeitete, erzählte auf sein Befragen sein Herr unter Seufzen und Klagen, wie das Ganze ausgeführt werden solle. So wie er nun die Arbeit ganz vollendet und abgegeben hatte, eilte er heimlich von dannen, traf den Herzog unterwegs und entdeckte ihm Alles

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/35&oldid=- (Version vom 10.7.2023)