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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

der zahlreich an seinen Ufer zusammenströmenden Nachbarn mit froher Lust. Sobald aber wilde Kriegsläufte drohen, giebt er durch Blut und Asche gewisse Kunde der Zukunft. Diesen Quell verehrt und achtet daher jeder Eingeborne mehr als die Kirchen, wenn auch seine Vorzeichen trügerisch sind. Von ihm nun hat jener sich von der Elbe bis zum Flusse Caminizi [Chemnitz] erstreckende Gau den Namen.

Nicht weit von besagtem Flusse aber, in einem Lande Namens Chutizi, erlitt Arn, Bischof der heiligen Kirche zu Wirziburg, den 892. Tod eines Blutzeugen. Als er nämlich, heimkehrend von einem Zuge gegen die Böhmen, an der Landstraße gegen Mitternacht in seinem Zelte, das er auf einem Hügel hatte aufschlagen lassen, Messe sang, ward er plötzlich von einer feindlichen Schaar ringsum eingeschlossen. Nachdem er darauf alle seine Gefährten in den Märtyrertod voraufgesandt hatte, brachte er sich zuletzt selbst dem Herrn dar, sammt den zum Preisopfer geweihten Hostien, an der Stelle, wo noch heutzutage oft brennende Lichter erblickt werden; daß aber diese die heiligen Blutzeugen des Herrn sind, daran zweifeln selbst die Slaven nicht. Dies geschah im Jahre 892 der Fleischwerdung des Herrn, zu den Zeiten Kaiser Arnulfs.

Der erwähnte Bischof erbaute während seiner Amtsverwaltung dem Herrn einen Tempel in der Stadt Wirziburg, und nach dessen Muster in seinem Bisthum in zehn Jahren neun Kirchen. Als er nun die größte derselben einweihte, trug man bei der Feier die leiblichen Reste des heiligen Kilian umher, der, von den Schotten hieherkommend, dem Herzoge Gozbert und seiner Gemahlin Geilan sammt den übrigen Landesbewohnern zuerst Christus predigte, dann aber auf Betrieb dieser zweiten Herodias mit seinen Gefährten Koloman und Totman daselbst den Märtyrertod erlitt. Durch ihn nun that der Allmächtige bei dieser Gelegenheit 70 Wunder, und der Küchenmeister[1] ermahnte, dieses

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/33&oldid=- (Version vom 20.6.2023)
  1. Der Küchenmeister ist in jener Zeit eine merkwürdige Persönlichkeit, er stand in großen Ansehn beim Volke und hatte etwas Heiliges an sich. Vgl. Grimm u. Schmeller, lateinische Gedichte des 10. u. 11. Jahrhunderts. S. 356.