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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

Erstes Buch.




1. Alle diejenigen, welche sich irgendwie in nützlicher Wirksamkeit hervorthun, streben danach, nicht nur in der Gegenwart, sondern auch für die Zukunft sich zu nützen, und die ihnen zur Ausführung anvertrauten Werke, soweit es möglich ist oder Geschick und Selbstvertrauen reichen, weiter zu verbreiten und einem unauslöschlichen Gedächtnisse zu überweisen. Darum brenne ich, Thietmar, ein unwürdiger Träger der bischöflichen Würde, deren Namen ich nicht einmal verdiene, die Geschichte Merseburgs, welche, einst weit und breit bekannt, jetzt im wüsten Schutte der Vergessenheit liegt, wieder zu enthüllen. Aber ich fürchte in meiner Unkenntniß „Rauch nur zu geben, aus Glanz“[1] und wie „der unterste Künstler,“ „unglücklich im Wesen des Werks, das Ganze“ zu verfehlen. Doch mit gutem Willen gehe ich ans Werk und angeweht, wie der heilige Gregorius sagt, von der Gnade Jesu Christi, dessen unerforschlicher Barmherzigkeit ich nicht nur diese Schrift über Merseburgs Geschichte, sondern die ganze Stadt selbst in inständigstem Gebete empfehle.

2. Vernimm, aufmerksamer Leser, daß die erste Gründung und Erbauung Merseburgs sammt der Urbarmachung des Landes von des Romulus Volke sich herschreibt, welches dem allgewaltigen, mit vorzüglichen Eigenschaften des Körpers und der Seele ausgestattetem Schwiegersohne des Pompejus, dem Julius Cäsar, einst hierher folgte. Und weil die junge Stadt damals gar kriegerisch war und manchen Sieg errang, so wurde sie nach altrömischer

Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/31&oldid=- (Version vom 22.4.2023)
  1. Eine Anspielung auf Horaz Epist. II. 3, (über die Dichtkunst) 140.