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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


die niemandem auf dem Todtbette verweigert werden darf, 983. ihm stets von Herzen gewähren mögest.


16. Sein erhabener Sohn, der ihm [im Jahre 980] in einem Walde Namens Ketil[1] geboren war, wurde am Weihnachtsfeste des nächsten Jahres von den Erzbischöfen Johannes von Ravenna und Willigis von Mainz zu Aachen zum Könige gesalbt. Gleich nach Vollendung dieses heiligen Amtes kam ein Gesandter mit der Trauerbotschaft an und störte die große Freude. Manches Herz ward von unaussprechlichem Schmerze bewegt, denn erst wenn die Tugend der Erde entrückt ist, vermissen wir Menschen sie, obwohl wir sie in unserer Gebrechlichkeit und in unserem Zweifelmuthe gar häufig verfolgen, so lange sie noch unter uns weilt [2].

Zweimal fünf Sonnenjahre regierte der Sohn nach dem Tode des Vaters; er, ein Schützer des Reiches und der Herrschaft, allen Feinden furchtbar, den ihm anvertrauten Heerden eine unerschütterliche Mauer. Aengstlich zwar schwankte in der so wichtigen Angelegenheit des Volkes Sinn, aber bald festigte ihn voll Erbarmens die Majestät des Herrn.

Herzog Heinrich [von Baiern] ward seiner Haft zu Utrecht entlassen, und empfing aus der Hand des Erzbischofs Warin von Köln, dessen zuverlässiger Treue der Kaiser seinen Sohn anvertraut hatte, das königliche Knäblein, um es groß zu ziehen, oder vielmehr seiner Würde zu entsetzen [3].

Jetzt will ich mein drittes Buch mit dem trauervollen Tode unseres[4] dritten Kaisers beschließen, und freudigen Herzens versuchen, die Gewißheit der Liebe unseres Gottes, welche jeglichen Zweifel zurückweist, in der folgenden Schilderung darzulegen.

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/109&oldid=- (Version vom 17.8.2023)
  1. Im Cleveschen bei Gennep, wo das Pfarrdorf Kessel liegt.
  2. Nach Horaz, III, 24, 31.
  3. Ironische Ausdrucksweise, erklärt durch die gleich im Anfange des folgenden Buchs berichteten Bestrebungen Heinrichs, die Kaiserkrone zu erlangen.
  4. d. h. sächsischen.