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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


sammelten sich unerwarteter Weise wieder und griffen die Unseren 982. mit vereinter Gewalt an, die nun nach geringem Widerstande wichen. Da fielen, – o der schmerzlichen Erinnerung! – am 13. Juli Richari, der Lanzenträger des Kaisers, ferner Herzog Udo, der Oheim meiner Mutter, und die Grafen Thietmar, Bezelin, Gevehard, Günther [Markgraf zu Meißen), Ezelin und dessen Bruder Bezelin, nebst Burchard und Dedi und Konrad und unzähligen anderen, deren Namen nur Gott weiß. Der Kaiser aber entkam mit seinem Neffen Otto fliehend ans Meer, und wie er in der Ferne ein Schiff, eine sogenannte Salandria, erblickte, schwamm er auf dem Rosse des Juden Calonymos darauf zu; das Schiff aber fuhr vorüber, ohne ihn aufnehmen zu wollen. Als er dann wieder nach den Schutzwerken am Ufer zurückkehrte, fand er den Juden noch daselbst stehen, indem er voll Angst abwartete, wie es seinem geliebten Herrn ergehen möchte. Als nun der Kaiser die Feinde herankommen sah, fragte er den Juden traurig, was nun wohl aus ihm werden sollte? Dann warf er sich, als er auf einer anderen Salandria, die der ersten nachfolgte, einen ihm wohlgesinnten Mann bemerkte, von dem er Hülfe erwarten konnte, aufs neue mit dem Rosse ins Meer, erreichte das Schiff und ward, indem ihn nur jener eine, der sein Dienstmann war, Namens Heinrich, auf Slavisch Zolunta genannt, erkannte, von demselben ins Fahrzeug gelassen und auf das Bett des Schiffsherrn gebracht. Zuletzt erkannte ihn aber auch der und fragte, ob er der Kaiser wäre? – Er nun gestand, nachdem er es lange zu verhehlen gesucht, es endlich ein und sagte: „Ich bin es, ich bin zur Strafe meiner Sünden in solches Elend gerathen. Aber nun vernehmt, wie wir jetzt gemeinsam handeln müssen. Die Besten meines Reichs habe ich Unglücklicher jetzt verloren, und von diesem Schmerze gestachelt, kann und will ich weder diese Lande betreten, noch die Freunde der Gefallenen je wieder sehen. Laßt uns nur in Rossano[1] landen, wo meine Gemahlin meiner Ankunft harrt, und dann wollen wir mit ihr und allem Gelde,

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/105&oldid=- (Version vom 17.8.2023)
  1. In Unteritalien, nordöstlich von Cosenza.