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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


983. Beschlusse zu den Waffen. Dies wurde meinem Vater, dem Grafen Siegfried in folgender Weise zum voraus offenbart. Er sah im Traume den ganzen Himmel mit einer dichten Wolke überzogen, und als er staunend forschte, was das wäre, hörte er eine Stimme, welche also sprach: „Jetzt soll erfüllet werden die Weissagung: Der Herr lässet regnen über Gerechte und Ungerechte.“ (Matth. 4, 45.) – Die Frevelthaten der Empörer begannen am 29. Juni, indem die Besatzung in Havelberg niedergehauen und der Bischofsitz daselbst zerstört wurde. Nach Verlauf von drei Tagen aber überfiel die vereinte Macht der Slaven das Bisthum Brandenburg, welches 30 Jahre vor dem Erzbisthum Magadaburg begründet war. Dies geschah um die Zeit, wo zur ersten Messe geläutet wurde. Vorher war der Bischof Wolcmer, der dritte seit der Gründung des Bisthums, entflohen, und der Vertheidiger der Stadt, Thiedrich, sammt den Kriegern, entkam nur mit genauer Noth noch am Tage des Kampfes. Die Geistlichkeit daselbst ward von den Slaven gefangen genommen, und Dodilo, der zweite der brandenburgischen Bischöfe, der von den Seinen erdrosselt war und nun schon drei Jahren im Grabe gelegen hatte, wurde aus dem Sarge gerissen und seines Priesterschmucks, der, so wie der Körper, noch ganz unversehrt war, von den gierigen Hunden beraubt und dann ohne weiteres wieder hineingeworfen; der ganze Schatz der Kirche ward verschleudert und viel Blut auf klägliche Weise vergossen. Statt Christus und seines Fischers, des ehrwürdigen Petrus, wurden wieder mancherlei Götzen voll teuflischer Ketzerei angebetet, und diese beweinenswerthe Veränderung nicht allein von den Heiden, sondern auch von Christen gepriesen.


11. Um diese Zeit ward die Kirche zu Zeiz von einem Böhmenheere unter Führung des Grafen Dedi [von Wettin] eingenommen und geplündert, und Hugo, der erste Bischof dort, vertrieben. Darnach leerten sie das Kloster des heiligen Laurentius in der Stadt Calwo [Calbe] aus, und setzten den Unseren wie

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/102&oldid=- (Version vom 12.8.2023)