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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


981. forträumen und sich und seinen Nachfolgern eine völlig gesicherte Stellung und großen Ueberfluß an allen Gütern erwerben können. Doch weil Gottes Rathschlüsse den Menschen verborgen, nie aber ungerecht sind, so schreibe ich das nicht jenem allein zu, sondern auch unsern gemeinsamen Sünden, denen jegliches Mißgeschick, daß die Gläubigen trifft, mit Recht beigemessen wird.

Ohtrich aber ging nach Benevent, wo er erkrankte. Da erschien nun (wie mir einer meiner geistlichen Brüder, Namens Husward, erzählt hat) Aethelleke, der vordem unser Propst gewesen, damals aber bereits verstorben war, und reichte ihm aus der Ferne die Pfründe des heiligen Mauritius dar. Erschrocken über dies Gesicht sagte Ohtrich: „Bruder, siehst du etwas?“ und indem er ihm dann alles erzählte, sagte er: „Wehe mir armen, sündigen Menschen, daß ich jemals mein Kloster und den Pfad des Gehorsams aus Ehrgeiz verlassen habe! Wenn mir Gottes Gnade nur wieder einige Gesundheit schenkt, so will ich heimgehen nach meinem Kloster und flehen, daß man mich dort wieder aufnehmen möge, und will dasselbe dann nie mehr verlassen.“ - Nachdem er so gesprochen, verschlimmerte sich sein Zustand und er starb wenige Tage nachher, am 7. October, in der genannten Stadt, wo er auch begraben ward. Er war ein Mann, der an Weisheit und Beredtsamkeit seines Gleichen nicht hatte.


9. Gisiler aber kam mit Genehmigung des Kaisers am 30. November nach Magdeburg, begleitet vom Bischofe Thiedrich von Metz. Dieser, ein Freund des Kaisers, der sehr viel auf ihn hielt, war einer von denen, die Gisiler bestochen hatte; er hatte nämlich für die Verhehlung der Wahrheit 1000 Pfund in Gold und Silber vom Erzbischofe bekommen. Ihm sagte einer, der auf des Kaisers Befehl ihm scherzweise einen Spruch zum Gruße beim Frühmahl zurief: „Dich sättige Gott in jener Welt, da wir es hier allesammt nicht können, – mit Gold!“

Darauf ward alles, was vorher unserer Kirche gehört hatte, auf eine klägliche Weise veräußert, ganz so wie eine Familie von

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/100&oldid=- (Version vom 7.8.2023)