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drei bestiegen den Wagen, dessen Verdeck zurückgeschlagen war. Krippenstapel entschuldigte Lorenzen, „der wegen einer Trauung behindert sei“, und so wäre denn alles in bester Ordnung gewesen, wenn unser trefflicher alter Museumsdirektor nur vor Antritt seiner Fahrt nach Gransee von einer Herausbesserung seines äußeren Menschen Abstand genommen hätte. Das war ihm aber unzulässig erschienen, und so saß er denn jetzt dem jungen Paare gegenüber, angethan mit einem Schlipsstreifen und einem großen Chemisettevorbau. Der Schlips war so schmal, daß nicht bloß der zur Befestigung der Vatermörder dienende Hemdkragenrand in halber Höhe sichtbar wurde, sondern leider auch der aus einem keilartigen Ausschnitt hervorlugende Adamsapfel, der sich nun, wie ein Ding für sich, beständig hin und her bewegte. Die Verlegenheit Armgards, deren Auge sich – natürlich ganz gegen ihren Willen – unausgesetzt auf dies Naturspiel richten mußte, wäre denn auch von Moment zu Moment immer größer geworden, wenn nicht Krippenstapels unbefangene Haltung schließlich über alles wieder hinweg geholfen hätte.

     Dazu kam noch, daß seiner Unbefangenheit seine Mitteilsamkeit entsprach. Er erzählte von dem Begräbnis und wer vom Grafschaftsadel alles dagewesen sei. Dann kam Thormeyer an die Reihe, dann Katzenstein und die Domina und zuletzt auch „lütt Agnes“.

     „Des Kindes müssen wir uns annehmen,“ sagte Armgard.

     „Wenn du darauf dringst, gewiß. Aber es liegt schwieriger damit, als du denkst. Solche Kinder, ganz im Gegensatz zur Pädagogenschablone, muß man sich selbst überlassen. Der gefährlichere Weg, wenn überhaupt was Gutes in ihnen steckt, ist jedesmal der bessere. Dann bekehren sie sich aus sich selbst heraus. Wenn aber irgend ein Zwang diese Bekehrung

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 513. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_513.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)