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sich wohl auch freun. Und die darf auch. Aber ich wiederhole meine Frage, wie kommst du zu dem Kind?“

     „Ich hab’ es kommen lassen.“

     „Haha. Sehr gut; ‚kommen lassen‘. Der Klapperstorch hat es dir wohl von der grünen Wiese gebracht und natürlich auch gleich für die roten Beine gesorgt. Aber ich kenne dich besser. Die Leute hier thun immer so, wie wenn du dem alten Kortschädel sittlich überlegen gewesen wärst. Ich für meine Person kann’s nicht finden und sagte dir gern meine Meinung darüber. Aber ich nehme häßliche Worte nicht gern in den Mund.“

     „Adelheid, du regst dich auf. Und ich frage mich, warum? Du bist ein bißchen gegen die Buschen, – nun gut, gegen die Buschen kann man sein; und du bist ein bißchen gegen die Karline, – nun gut, gegen die Karline kann man auch sein. Aber ich sehe dir’s an, das eigentliche, was dich aufregt, das ist nicht die Buschen und ist auch nicht die Karline, das sind bloß die roten Strümpfe. Warum bist du so sehr gegen die roten Strümpfe?“

     „Weil sie ein Zeichen sind.“

     „Das sagt gar nichts, Adelheid. Ein Zeichen ist alles. Wovon sind sie ein Zeichen? Darauf kommt es an.“

     „Sie sind ein Zeichen von Ungehörigkeit und Verkehrtheit. Und ob du nun lachen magst oder nicht, – denn an einem Strohhalm sieht man eben am besten, woher der Wind weht – sie sind ein Zeichen davon, daß alle Vernunft aus der Welt ist und alle gesellschaftliche Scheidung immer mehr aufhört. Und das alles unterstützt du. Du denkst wunder, wie fest du bist; aber du bist nicht fest und kannst es auch nicht sein, denn du steckst in allerlei Schrullen und Eitelkeiten. Und wenn sie dir um den Bart gehn oder dich bei deinen Liebhabereien fassen, dann läßt du das, worauf es ankommt,

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 466. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_466.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)