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immer ein etwas süßsaures Gesicht macht, aber natürlich nicht widerspricht.“

     „Und wie kam sie nur dazu, Ihrem Papa gerade Konfessions in einer so delikaten Sache zu machen?“

     „Das war voriges Jahr, genau um diese Zeit, als sie auch mal wieder erwartete. Da war mein Vater drüben und sprach, als das durch die Situation gegebene Thema berührt wurde, halb diplomatisch, halb humoristisch von der Königin Luise, hinsichtlich deren der alte Doktor Heim, als der Königin das ‚Sechste oder Siebente‘ geboren werden sollte, ziemlich freiweg von der Notwendigkeit der ‚Brache‘ gesprochen hatte.“

     „Bißchen stark“, sagte Rex. „Ganz im alten Heim-Stil. Aber freilich, Königinnen lassen sich viel gefallen. Und wie nahm es die Prinzessin auf?“

     „O, sie war reizend, lachte, war weder verlegen noch verstimmt, sondern nahm meines Vaters Hand so zutraulich, wie wenn sie seine Tochter gewesen wäre. ‚Ja, lieber Herr von Stechlin,‘ sagte sie, ‚wer A sagt, der muß auch B sagen. Wenn ich diesen Segen durchaus nicht wollte, dann mußt’ ich einen Durchschnittsprinzen heiraten, – da hätt’ ich vielleicht das gehabt, was der alte Heim empfehlen zu müssen glaubte. Statt dessen nahm ich aber meinen guten Katzler. Herrlicher Mann. Sie kennen ihn und wissen, er hat die schöne Einfachheit aller stattlichen Männer, und seine Fähigkeiten, soweit sich überhaupt davon sprechen läßt, haben etwas Einseitiges. Als ich ihn heiratete, war ich deshalb ganz von dem einen Gedanken erfüllt, alles Prinzeßliche von mir abzustreifen und nichts bestehen zu lassen, woraus Übelwollende hätten herleiten können: „Ah, sie will immer noch eine Prinzessin sein.“ Ich entschloß mich also für das Bürgerliche, und zwar „voll und ganz“, wie man jetzt, glaub’ ich, sagt. Und was dann kam, nun, das war einfach die natürliche Konsequenz.‘ “

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin 1899, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_091.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)