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Mittelalter beim St. Veitstanz vorgekommen, bei den Zügen der Geiselbrüder, bei den Kindfahrten nach St. Michael, bei den Zitterern im Cevennengebirg nicht minder der Fall gewesen, und in allerneuester Zeit, wie mich bedünken will, auch bei dem politischen Wahnsinn unsrer Radicalen zu bemerken ist. Sehen wir aber schärfer zu, so zeigt sich leider, daß auch dieser glänzende Anhaltpunct sich nicht als Leitstern zum Ziele bewährt, und nur so viel Licht verbreitet, als eben hinreichend ist, um in der Sache das grade Widerspiel von dem zu erkennen, was ex hypothesi erwartet und vermuthet wurde. Denn die Bewegung, von der wir sprechen, ist wohl epidemisch, d.h. unter dem Volke, aber an sich keine Krankheit gewesen. Die krankhaften Zufälle, von welchen einzelne Trinker nach Absagung des Branntweins betroffen wurden, gehören weder zum Wesen der Enthaltsamkeit, noch haben sie mit dem Princip derselben irgend etwas gemein; sie sind als die lezten Wehen der Trunksucht zu betrachten, und nur dadurch entstanden, daß die üble Gewohnheit (altera natura) sich plötzlich ihrer Nahrung beraubt gefühlt hat. Urtheilen wir nach dem allgemeinen Ergebniß, wie es jezt aller Welt vor Augen liegt, so hat jene Bewegung nicht Irresein und Krämpfe, sondern Besonnenheit und Ruhe, nicht Siechthum und Ermattung, sondern Gesundheit und Kraft, nicht einen neuen Rausch, sondern Nüchternheit, nicht Thorheiten und Excesse, sondern Anstand und Ordnung, nicht Schaden und Zwietracht, sondern