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Friedrich Gerstäcker: Der Herr von der Hölle. Eine zweifelhafte Geschichte.

„Mein gutes Herz?“ lachte der Fremde jetzt wirklich grell und unheimlich auf. – „Das ist vortrefflich, Herr Lerche, ich fange wirklich an zu glauben, daß Sie ein Dichter sind, denn Sie haben Phantasie. Mir ist schon viel im Leben nachgesagt worden, aber ein gutes Herz – hahahaha – das ist in der That äußerst komisch! Aber bitte, beginnen Sie. – Mit wem Sie es zu thun haben, wissen Sie jetzt. Doch geniren Sie sich nicht. Neues können Sie mir nicht berichten, denn im Leben der Menschen wiederholen sich ja derartige Dinge, und nur von Ihrem sechzehnten Jahre fangen Sie an – die Kindergeschichten brauche ich nicht zu wissen. Wer war Ihr Vater?”

„Ein Weinhändler“, sagte Lerche, der sich doch nicht recht behaglich in der Nachbarschaft des Fremden fühlte – aber es mußte ein Engländer sein, denn ein anderer Mensch wäre gar nicht auf den Gedanken gerathen, sich direct für den Teufel auszugeben.

„Ein Weinhändler! – hm – das ist gut“, nickte sein Nachbar zufrieden – „und zu welchen Lebensberuf wurden Sie bestimmt?“

„Ich sollte demselben Geschäft folgen“, sagte Lerche – „hatte aber keinen besondern Trieb dazu. Der harten Arbeit als Küper war mein schwächlicher Körper nicht gewachsen – ich fühlte immer einen Hang zur Poesie und ging frühzeitig zum Theater.”

Sehr gut“, nickte der Teufel – „aber damit ging es nicht.“

„– – Nein“, sagte Lerche zögernd – „Intriguen und Chicanen wurden gegen mich gesponnen.”

„Natürlich“, lächelte sein Nachbar – „Sie finden nie einen schlechten Schauspieler, gegen den nicht die bösartigsten Intriguen angezettelt werden.”

„Aber ich war kein schlechter Schauspieler“, fuhr Lerche auf.

„Bitte, fahren Sie fort“, nickte der Andere. „Sie verließen die Bühne, weil der schlechte Geschmack des Publicums Ihre Verdienste nicht zu würdigen wußte, und gingen – ?“

„Nach Amerika –“

„Caramba“, sagte der Fremde wieder – „das ist weit. Aber es gefiel Ihnen auch dort nicht.“

„Nein – das materielle Volk dort drüben hat keinen Sinn für Poesie – in der That keinen andern Gedanken, als immer nur Geld – Geld – Geld. – Wenn ich hätte mit Spitzhacke und Schaufel arbeiten wollen –“

„Aber das wollten Sie nicht!”

„Nein, es drängte mich nach Deutschland zurück –“

„Sie borgten das Geld zur Ueberfahrt –”

Herr Lerche sah ihn überrascht an. – „Es blieb mir nichts Anderes übrig“, sagte er.

„Selbstverständlich“, nickte der Fremde.

„Hier in Deutschland warf ich mich auf die Schriftstellerei“, fuhr Lerche fort, dem der Gegenstand unangenehm sein mochte, „aber der Teufel soll die Buchhändler holen!“

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Friedrich Gerstäcker: Der Herr von der Hölle. Eine zweifelhafte Geschichte. A. H. Payne, Leipzig 1870, Seite 393. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Herr_von_der_Hoelle-Gerstaecker-1870.djvu/9&oldid=- (Version vom 14.2.2021)