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Friedrich Gerstäcker: Der Herr von der Hölle. Eine zweifelhafte Geschichte.

junge Spieler finster, „mein Unglück liegt tiefer – ich habe meinen Beruf verfehlt und jede Hülfe jetzt würde nur dazu dienen, mein Schicksal um Monate – ja vielleicht Wochen hinaus zu verzögern.”

„Ihren Beruf verfehlt? Caramba“, sagte der Fremde, und der Teufel soll allerdings immer nur spanisch, aber dabei anständig fluchen, „an solchen Leuten habe ich eigentlich von jeher ein Interesse genommen. Ich verkehre am allerliebsten mit Menschen, die ihren Beruf verfehlt haben. Kommen Sie herunter und lassen Sie uns ein halbes Stündchen mit einander plaudern; wollen Sie sich nachher noch absolut hängen, so haben Sie die ganze Nacht vor sich und kein Mensch wird Sie daran verhindern. Was sind Sie eigentlich?“

„Zuerst beantworten Sie mir die nämliche Frage, die ich vorhin an Sie gerichtet“, sagte da der junge Mann, der jetzt von der Leiter wieder herabstieg, aber trotzdem noch mit einem heimlichen Grausen in das bleiche Antlitz des Fremden sah.

„Und habe ich das nicht schon gethan?“ sagte dieser ruhig. „Ich bin wirklich der Teufel.“

„Sie treiben Ihren Spott mit mir“, rief der junge Mann, indem er aber doch die Gestalt des Fremden mit einem scheuen Blick überflog.

„Und wie soll ich mich legitimiren?“ erwiederte achselzuckend der Fremde; „glauben Sie etwa, daß ich mit Hörnern und Pferdefuß herumlaufe, wie mich einzelne alberne Menschen schildern, um Kinder und Schafsköpfe damit fürchten zu machen? Mit einer solchen Gestalt könnte ich mich natürlich vor Niemandem blicken lassen. Am Tag aber von Geschäften überladen, besuche ich gern Abends im Mondenschein die Erde und gehe dann eben mit dem Monde; denn irgendwo scheint er doch die ganze Nacht.”

„Und was wollen Sie von mir?” sagte der junge Mann scheu, und fühlte wie ein Zittern durch seine Glieder lief – „meine Seele?“

Der Fremde lachte laut auf. „Und glauben Sie wirklich, daß ich mich einer einzigen lumpigen Seele wegen hier eine Stunde zu Ihnen gesellt hätte? Das wäre der Mühe werth! Ich habe meine Freude an ganz anderen Dingen und, wie gesagt, viel mehr Vergnügen daran, Leute, die ihren Beruf verfehlt haben, in die richtige und passende Bahn zu bringen, als sie abfahren zu sehen, ohne daß sie der Welt – und mir etwas genützt hätten. Wie heißen Sie?”

„Guido Lerche.”

„Und Ihr bisheriger Beruf?“

Guido Lerche schwieg und sah düster nach dem Fremden hinüber, endlich sagte er: „Schriftsteller – Dichter – aber wenn Sie Der wirklich wären, für den Sie sich ausgeben, so müssen Sie doch auch mich und meinen Beruf kennen.“

Achselzuckend erwiederte der Fremde: „Die Menschen sagen allerdings häufig: „Der Teufel soll alle Schriftsteller und Schriftstellerinnen Deutschlands kennen“; es ist das aber nur eine ganz gemeine Schmeichelei

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Friedrich Gerstäcker: Der Herr von der Hölle. Eine zweifelhafte Geschichte. A. H. Payne, Leipzig 1870, Seite 390. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Herr_von_der_Hoelle-Gerstaecker-1870.djvu/6&oldid=- (Version vom 14.2.2021)