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Friedrich Gerstäcker: Der Herr von der Hölle. Eine zweifelhafte Geschichte.

„Merkwürdig”, nahm dann der Besuch das Gespräch wieder auf, „wie sich doch die Zeiten und Menschen verändern! Erinnern Sie sich noch, Herr Lerche, wie wir uns damals in Ems trafen?” Damals waren Sie ein junger schlanker Mensch – etwas abgemagert vielleicht und etwas reducirt ebenfalls, am Leben verzweifelnd, und jetzt? Ich habe mir eben das Vergnügen gemacht und Ihre Familie besucht –“

„Sie waren drüben bei mir?“ sagte Herr Lerche rasch und fast wie erschreckt.

„Ich glaubte Sie noch zu Hause zu finden. Was für eine prächtige Frau Sie haben – so wolbeleibt und so resolut – Sie scheinen ein wenig unter dem Pantoffel zu stehen, Lerche – wie?”

„Ich?“ sagte Herr Lerche und wurde blutroth – „woher vermuthen Sie das?“

„O“, lächelte boshaft der Fremde – „nur nach einigen kleinen Andeutungen. Sie werden es mir auf meine Worte glauben, daß ich darin einige Erfahrung besitze. Ich spielte nur zum Scherz darauf an, daß Sie vielleicht heute Mittag nicht zum Essen kommen würden –.”

„Alle Wetter“, rief Herr Lerche erschreckt – „wir waren gestern Abend etwas lange auf –“

„Ihre Frau Gemahlin deutete etwas Derartiges an“, lachte der Fremde, „so daß ich nicht weiter in sie drang. Ich selber streite mich nicht gern mit älteren Damen, denn man zieht stets den Kürzeren. Aber Sie scheinen sich sehr wohl zu befinden – eine sehr hübsche Einrichtung, eine ganze Reihe von Kindern mit so prächtigen rothen Haaren – und die liebenswürdige Gattin“

„Ich glaube da kommt Herr Köser“, sagte Lerche, dem das Gespräch anfing unangenehm zu werden, indem er nach einer draußen gehenden Thür horchte. Es dauerte auch nicht lange so trat der Principal in das Zimmer, ohne aber den Besuch gleich zu bemerken, oder auch zu beachten; denn er ignorirte grundsätzlich alle Leute, die geduldig auf ihn warteten.

„Donnerwetter“, sagte er, wie er nur den Raum betrat, „was riecht denn hier nur so furchtbar nach Schwefel?”

„Sie müssen mich entschuldigen; Herr Köser“, sagte der Fremde, „ich habe mir eben eine Cigarre angezündet. Es ist wahrscheinlich das Streichhölzchen.”

Herr Köser blieb mit halboffenem Munde vor ihm stehen und sah ihn so stier an, als ob er einen Geist gesehen hätte.

„Von der Hölle“, stammelte er endlich und sein sonst aufgedunsenes rothes Gesicht war merklich bleich geworden – „wo kommen Sie einmal wieder her? Ich – habe Sie in ewig langer Zeit nicht gesehen?“

„Geschäftsreisen, lieber Freund“, sagte der Fremde leichthin, indem er den Dampf einer Cigarre von sich blies – „die mich auch wieder in Ihre Nähe gebracht haben, und doch einmal in X., konnte ich mir natürlich das Vergnügen nicht versagen.“

„Ich weiß nicht, ob sich die Herren kennen“, bemerkte etwas verlegen Herr Köser – „Herr Lerche – mein Schwager und jetziger Theilhaber

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Friedrich Gerstäcker: Der Herr von der Hölle. Eine zweifelhafte Geschichte. A. H. Payne, Leipzig 1870, Seite 411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Herr_von_der_Hoelle-Gerstaecker-1870.djvu/27&oldid=- (Version vom 14.2.2021)