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Friedrich Gerstäcker: Der Herr von der Hölle. Eine zweifelhafte Geschichte.

fuhr sich mit der Hand durch die ungekämmten Haare. „Springen Sie doch einmal hinüber, Splitzner und sehen Sie, wo er bleibt.”

Der „erste“ Commis legte die Briefe auf. –

Dr. Hesbach wünscht Abrechnung über sein hier in Commission befindliches Stück“, sagte er, indem er den einen Brief vorschob; „er behauptet in den Zeitungen gelesen zu haben, daß es in Breslau, Köln, Cassel, Dresden, Frankfurt a. M. und Wiesbaden gegeben sei.“

„Ist denn das Honorar dafür eingekommen?”

„Ja, Herr Köser.“

„Schön, dann schreiben Sie ihm, sobald es käme sollte er augenblicklich Abrechnung erhalten.“

„Es ist eingekommen, Herr Köser“, sagte der junge Mann.

„Esel“, erwiederte Herr Köser, „haben Sie nicht gehört, was ich Ihnen gesagt habe? Und die andern Briefe?“

„In diesem hier verlangt ein Herr Pleschner ebenfalls Abrechnung. Er sagt, daß er –”

Herr Köser nahm den Brief, riß ihn auseinander und warf ihn in den Papıerkorb – „weiter! –“

„Noch ein solcher Brief von Dr. Rabener. Sein Lustspiel wäre auf sieben Bühnen zur Aufführung gekommen und er hätte noch nichts davon gehört.”

„Ich auch nicht”, sagte Herr Köser, nahm den Brief, knillte ihn zusammen und steckte ihn in die Tasche.

„Herr Blesheim wünscht ebenfalls Abrechnung“, fuhr der junge Mann fort. „Er behauptet, Sie hätten ihm auf seine vier letzten Briefe gar nicht geantwortet.”

„Das ist sehr leicht möglich”, sagte Herr Köser – „die Herren scheinen weiter gar nichts zu thun zu haben als Briefe zu schreiben – wir müssen ihnen das abgewöhnen. Stecken Sie den Wisch in den Papierkorb. Was sonst noch?“

„Anmeldung von neuen Stücken.”

„Bekannte Namen.“

„Nein.“

„Fort damit.“

Die Thür ging wieder auf und Herr Guido Lerche trat, von dem zweiten Commis gefolgt, der ihm auf der Treppe begegnet war, in’s Zimmer.

„Aber, Herr Lerche – der Setzerjunge wartet schon zwei Stunden auf Sie“, sagte Herr Köser vorwurfsvoll.

„Kann ich Armeen aus der Erde stampfen?“ citirte Herr Lerche und ging ohne einen Gruß an seinen Platz, Herrn Köser gerade gegenüber; „ich bin die Nacht erst um halb drei nach Hause gekommen und habe trotzdem schon heute Morgen den Artikel beendet. Ich muß ihn nur noch einmal durchlesen, nachher kann ihn der Junge mitnehmen.”

Herr Guido Lerche hatte sich in den Jahren, in denen wir das Vergnügen nicht hatten, ihm zu begegnen, sehr zu seinem Vortheil verändert,

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Friedrich Gerstäcker: Der Herr von der Hölle. Eine zweifelhafte Geschichte. A. H. Payne, Leipzig 1870, Seite 407. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Herr_von_der_Hoelle-Gerstaecker-1870.djvu/23&oldid=- (Version vom 14.2.2021)