Seite:Der Herr von der Hoelle-Gerstaecker-1870.djvu/18

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Gerstäcker: Der Herr von der Hölle. Eine zweifelhafte Geschichte.

„Ja so – also Herr von Goldstein – ich habe Ihnen doch gesagt, daß Sie hier den Erfolg unserer Anfragen nicht abwarten sollten?“

„Aber ich kann nicht fortkommen, verehrter Herr“, sagte der junge Mann schüchtern – „wenn Sie nur im Stande wären mir hier zwei oder drei Gastrollen auszuwirken – ich würde mich ja mit einem sehr mäßigen Honorar begnügen.“

„Und weshalb sprechen Sie nicht selber mit dem Director?“

Der junge Schauspieler zuckte mit den Achseln, „Es war Alles vergeblich“, sagte er, „und dreimal habe ich schon den Versuch gemacht.”

„Und was soll ich Ihnen denn nützen?” frug Herr Köser barsch; habe ich ein Theater, oder soll ich Sie hier im Contor spielen lassen? Sie sehen, ich bin beschäftigt, Herr von – von Goldstein, und kann auch in der That nichts weiter für Sie thun.“

„Wenn Sie nun“, bemerkte der junge Schauspieler schüchtern, indem der Agent schon wieder einen Brief aufbrach – „mir auf die künftige Gage, von der ich Ihnen ja doch die ausbedungenen Procente schulde, nur einen kleinen Vorschuß leisten wollten – nur so viel als ich nothwendig brauche, um –“

„Ein Austernfrühstück zu geben – ha?“ sagte Herr Köser mit einem malitiösen Lächeln – „glauben Sie, daß ich ein Millionär bin, um den herumvacirenden Herren Schauspielern mit Darlehen unter die Arme zu greifen und habe ich nicht etwa schon genug Verlust durch Ihre ewigen Störungen gehabt?”

„Aber an wen sonst soll ich mich wenden?“ sagte Herr v. Goldstein in halber Verzweiflung. „Sie kennen meine Familie – Sie wissen, daß Ihnen das Geld unverloren ist, wenn sie sich auch jetzt von mir losgesagt.”

„Thun Sie mir den Gefallen und lassen Sie mich ungeschoren“, bemerkte Herr Köser, indem er wieder einen Brief öffnete. „Glauben Sie denn, daß ich von der Luft lebe und habe ich schon das Geringste von Ihnen gehabt – Scheerereien und Abhaltungen und Correspondenzen ausgenommen? – Sie waren bis jetzt nicht einmal im Stande mir das ausgelegte Porto zu vergüten und glauben dann auch noch, man soll da Lust und Liebe zur Sache behalten und mit Eifer darangehn?”

„Aber ich weiß nicht einmal, wie ich hier fortkommen soll!“

„Das geht mich Nichts an“, brummte Herr Köser, indem er den jungen Mann gar nicht mehr ansah, „verkaufen Sie Ihre goldene Bummelage an der Uhr, man kann auch ohne das ein guter Schauspieler sein – oder machen Sie sonst, was Sie wollen.“

Der Setzerjunge kam in diesem Augenblick in’s Bureau und brachte eine Correctur der Theaterzeitung, auf der aber noch eine halbe Spalte weiß gelassen war und ausgefüllt werden mußte und Herr Köser frug:

„Ist denn Herr Dr. Lerche noch nicht dagewesen?“

„Nein, Herr Köser”, lautete die Antwort des einen Schreibers zurück.

„Wo bleibt denn nur der verzweifelte Mensch heute so lange? Der Junge mag warten – er muß gleich kommen und es ist die höchste Zeit, daß die Nummer fertig wird.“

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Gerstäcker: Der Herr von der Hölle. Eine zweifelhafte Geschichte. A. H. Payne, Leipzig 1870, Seite 402. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Herr_von_der_Hoelle-Gerstaecker-1870.djvu/18&oldid=- (Version vom 14.2.2021)