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Friedrich Gerstäcker: Der Herr von der Hölle. Eine zweifelhafte Geschichte.

„Bitte!“ sagte der Fremde.

„Es ist nichts als Protection, Schwindel oder Betrug. – Ich habe Romane geschrieben, bei denen mir selber die Haare zu Berge stiegen – Gedichte, die ich vorgelesen und bei denen mich die Zuhörer zuletzt um Gotteswillen baten, aufzuhören, weil ihre Nerven zu sehr angegriffen wurden und sie die Thränen nicht mehr zurückhalten konnten – umsonst, ich fand keinen Verleger. – Dann warf ich mich auf die dramatische Kunst – ich schrieb Dramen, die von einer ergreifenden Wirkung hätten sein müssen, wenn ich eine einzige Direction gefunden, die sie aufgeführt – Operntexte – Alles vergebens – ich wurde der Verzweiflung preisgegeben.”

„Und wovon lebten Sie die ganze Zeit?“ frug der Fremde.

„Ich – suchte mich so ehrlich als möglich durchzubringen –“

„Natürlich durch weitere Schulden –“

„Ich mußte allerdings Gelder aufnehmen“, sagte wieder zögernd Herr Lerche – „ich – konnte nicht verhungern.“

„Hm – ich weiß jetzt genug“, sagte der Fremde trocken, „und es bleibt mir nur noch übrig, Sie um Auskunft zu bitten, was Sie zu diesem letzten verzweifelten Schritt getrieben?“

„Mein Unglück ist bald erzählt“, sagte Herr Lerche. „Ich hatte einen Band meiner besten Gedichte zusammengestellt – den Extract meiner Poesie, wenn ich es so nennen könnte – eine 59er Auslese Cabinetswein – der Buchhändler wollte mir kein Honorar geben, verstand sich aber dazu, den Band in Commission zu verlegen und hübsch auszustatten. – Jahre vergingen – ich schrieb endlich an den Geldmenschen und bat ihn um Abrechnung – die Abrechnung kam. Sie enthielt auf der einen Seite den genauen Kostenüberschlag für Druck, Papier, Buchbinder, Insertionsgebühren etc., auf der andern Seite den Absatz – es blieben noch sechs Gulden Saldo zu seinen Gunsten.”

„Das war kein brillantes Geschäft“, sagte achselzuckend der Fremde.

„Nein“, fuhr Lerche düster fort, „da trieb mich die Verzweiflung und ich nahm die sechs Gulden und ging damit zum grünen Tisch –“

„Entschuldigen Sie“, sagte der Fremde, „Sie müssen sich da versprochen haben. Sie sagten mir vorher, daß die sechs Gulden zu seinen, also des Verlegers, Gunsten gewesen wären. Folglich waren Sie ihm dieselben noch schuldig; wie konnten Sie also damit zur Spielbank gehen?“

„Ich borgte mir die sechs Gulden vom Wirth auf meinen Reisesack“, sagte Herr Lerche.

Sehr gut“, nickte der Fremde. „Sie arbeiteten dadurch mit doppelt negativem Capital – vortrefflich. Also Sie gingen zur Spielbank – verloren aber natürlich.“

„Auch den letzten Gulden“, bestätigte Lerche, „und die Verzweiflung trieb mich endlich hier heraus.“

„Aber wo bekamen Sie den Strick so geschwind her?“

Herr Lerche zögerte diesmal sehr lange mit der Antwort, endlich

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Friedrich Gerstäcker: Der Herr von der Hölle. Eine zweifelhafte Geschichte. A. H. Payne, Leipzig 1870, Seite 394. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Herr_von_der_Hoelle-Gerstaecker-1870.djvu/10&oldid=- (Version vom 14.2.2021)