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Ausführung schritt, mehrfach geschwankt; daß er, wie es so oft geschieht, von Ereignissen außer ihm die Entscheidung abhängig machen wollte, ob er das Verbrechen begehen solle. Daß er aber hierbei an wirkliche Winke Gottes gedacht, die ihn zum Verbrechen antrieben, läßt sich auf keine Weise annehmen etc. Inquisit hat, wie von dem Inquirenten zu den Acten registrirt ist, in der Untersuchung einen sehr richtigen Verstand und eine vorzügliche Schärfe des Auffassungs-Vermögens gezeigt. Selbst bei den verworrensten und mangelhaftesten Religionsbegriffen konnte er daher nicht auf den Gedanken gerathen, Gott werde Zeichen seiner Billigung geben, wo es sich um ein Verbrechen handelte; und zwar um ein Verbrechen, das nicht etwa in Fanatismus seinen Grund hatte, sondern lediglich zur Befriedigung seiner Geldgier dienen sollte.

Er achtete deshalb auch nicht wesentlich darauf, wie die Ereignisse eintrafen. Er verlor im Kartenspiel und dennoch gab er, im Widerspruch mit seinen früheren Gedanken, den Plan nicht auf. Er suchte andere Ereignisse für seine Entschließung. Um 4 Uhr Nachmittags ging er zu diesem Zwecke in die Kirche; die übrigen Zeichen beobachtete er noch später. Allein schon vor 4 Uhr hatte er Larve und Strick zu sich gesteckt, das Beil zu seinem Werke ausersehen. Die Zeichen waren unverkennbar Nebensache; er hatte sich zu seiner blutigen That gerüstet, ehe irgend ein ihm nach seiner Meinung günstiges Zeichen eingetroffen war.

Unmittelbar vor der Thür des Bischofs-Hauses kam noch ein guter Gedanke – der letzte, – in sein Herz: umzukehren. Er überwand ihn, und ward Raubmörder an dem Bischof seiner Kirche! – Von dem Morde ging er in dem gräßlichsten Gleichmuthe in das Wirthshaus zum Kartentische etc.

Dies ist das Bild des Inquisiten: nicht das eines Fanatikers, oder eines durch irrige Philosopheme verblendeten Geistes; nicht das eines Menschen, dessen Willensfreiheit oder Ueberlegung geschwächt war; nein! das Bild eines gemeinen Raubmörders, den Geldgier und ungebändigte Leidenschaftlichkeit in den Abgrund gestürzt haben.

Dennoch verharrt er dabei, das Schreckliche seines Verbrechens zu verkleinern und dadurch jede Reue von sich abzuweisen. Noch im articulirten Verhöre hat er erklärt: „Vor der That glaubte ich nur ein Recht zu haben, dem Bischof etwas Geld abzunehmen, und nach der That glaubte ich nicht zu weit gegangen zu sein. Vor der Welt habe ich allerdings gegen das fünfte göttliche Gebot

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Wilhelm Ludwig Demme: Das Mordwerk auf dem Dome zu Frauenburg. Helbig, Altenburg 1842, Seite 286. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Demme_Mordwerk_zu_Frauenburg.pdf/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)