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unzufrieden mit einander gelebt;“ „derselbe sei ferner geizig gewesen, habe seine Dienerschaft schlecht behandelt, und wissentlich zugelassen, daß die Wirthschafterin die Diener gleichfalls schlecht gehalten; im Herbste v. J. habe endlich der Bischof seine Schwester beauftragt, ihn (den Inquisiten) zu befragen, was er in seiner Supplic an den König (S. 285) geschrieben; und auf ihre spätere Erwiederung, ihr Bruder wolle es nicht sagen, geäußert: „dann weiß er es wohl selbst nicht, dann ist er doch ein Schaafskopf.“

Daß solche Kleinlichkeiten, deren Anschuldigungen wider Todte jetzt Inquisit zusammensucht, nicht im Mindesten die Ursache eines wirklichen Hasses sein konnten, bedarf keiner Ausführung. Es ist klar: Inquisit schämt sich seiner Schandthat, und hascht nach einem Gewand, um die Nichtswürdigkeit seiner Handlungsweise zu verhüllen.

Ueberblickt man sein ganzes Leben, so zeigen sich nach dem Vorgetragenen als besonders hervortretende Charakterseiten immer einestheils seine Wildheit, anderntheils seine Habgier; beide zusammentreffend in dem entschiedensten Egoismus, der Alles seinem selbstsüchtigen Zwecke unterordnete. Seine Lust am Kartenspiele findet gleichfalls in seiner Habsucht ihre vollständige Erklärung. Sein Trübsinn und seine Schweigsamkeit, überhaupt sein menschenfeindliches Wesen rührten davon her, daß er den mehr im äußern Leben Begünstigten ihr Loos ungenügsam beneidete. Hiermit vertrug es sich sehr wohl, daß er, wie einige Zeugen bekundet, ein fleißiger Arbeiter war und sich ruhig benahm, so lange man ihn freundlich behandelte; daß er das Laster der Trunkenheit und anderer Ausschweifungen vermied.

Die Kenntnisse, welche sich der Inquisit noch auf der Schule angeeignet hatte, waren für seine Stellung ausreichend; sie gingen aber auch nicht über seinen Stand hinaus. Von Frömmigkeit und wahrer Religiosität ist bei ihm keine Spur zu entdecken; seit 8 Jahren war er nicht zum heiligen Abendmahl gegangen.

Ein solcher Mensch war er, bevor der Gedanke zum Raubmorde bei ihm erwachte. Es ist nicht zu leugnen, daß Inquisit vermöge seiner guten Geistesgaben und seiner, in allen seinen Lebensverhältnissen sich kund gebenden, Festigkeit ein besonderes brauchbares Mitglied der menschlichen Gesellschaft hätte werden können und vielleicht geworden wäre, wenn er als Kind eine seiner Individualität angemessene Erziehung erhalten hätte, und späterhin in eine seinen Neigungen und Kräften entsprechende Lebensbahn gebracht

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Wilhelm Ludwig Demme: Das Mordwerk auf dem Dome zu Frauenburg. Helbig, Altenburg 1842, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Demme_Mordwerk_zu_Frauenburg.pdf/20&oldid=- (Version vom 31.7.2018)