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überwältigte ihn und nahm ihn mit sich in seine Wirthschaft. Er trug ihm Arbeiten auf, und wie Inquisit wörtlich sagt: „da ich sah, daß er ein starker Mann sei, befolgte ich seine Anweisungen.“ Wo er sich also überzeugte, daß seine Wuth ihn nicht zum Ziele führe, verstand er ganz wohl, sich zu mäßigen und zu unterwerfen. Er erkannte die zwingende Macht der äußern Umstände sehr gut an, und es ist hieraus leicht erklärlich, warum er unter der strengen Disciplin des Militairs zu keinem Vorwurf Ursache gab.

Zu der Wildheit seines Charakters kam aber bald auch ein immer zunehmender Haß gegen die katholische Geistlichkeit an seinem Geburtsorte, obwohl ihm keiner derselben im Mindesten zu nahe getreten war. Durch persönliche Kränkung war daher dieser Haß nicht hervorgerufen. Eben so wenig kann man annehmen, daß demselben eine Abneigung gegen den katholischen Glauben zum Grunde gelegen habe, obwohl Inquisit auf solche Weise seinen Haß jetzt gern erklären möchte. Er giebt an: schon als Knabe habe er gehört, daß die evangelischen Christen nicht so abergläubisch und aufrichtiger wären, als die katholischen, und deshalb schon in seinen Knabenjahren die Idee gefaßt, dereinst zur evangelischen Confession überzutreten. Später habe er auch Manches gelesen, welches bei ihm noch mehr einen Widerwillen gegen den Katholicismus und gegen die katholischen Priester erzeugt. Insbesondere habe er die Domherren in Frauenburg kennen gelernt, und gesehen und gehört, daß sie bei ihrem Reichthum unbarmherzig gegen die Armuth seien.

Im articulirten Verhöre entgegnete er auf die Frage: was er mit dem geraubten Gelde anzufangen gedacht? „ich hatte die Absicht, mich recht bald von Frauenburg zu entfernen und wenn ich recht viel Geld finden würde, in die weite Welt zu gehen; wenn es aber wenig sein würde, nach Berlin zu gehen und Lotterie zu spielen, um einen ansehnlichen Gewinn zu machen. Mit diesem Gewinn wollte ich dann nach Frauenburg zurückkehren, und wenn ich recht viel gewönne, die Hälfte dieses Gewinnes zum Bau einer evangelischen Kirche hergeben und selbst zur evangelischen Kirche übertreten.“ – Ob er hiermit Andere zu täuschen sich bemüht, mag dahin gestellt bleiben. Ist dies nicht der Fall, so sucht er mindestens sich selbst zu betrügen.

In seinen umständlichen Auslassungen hat er nicht im Entferntesten auch nur irgend eine Glaubenslehre der katholischen Confession als eine solche bezeichnet, die seiner Ueberzeugung widerspräche.

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Wilhelm Ludwig Demme: Das Mordwerk auf dem Dome zu Frauenburg. Helbig, Altenburg 1842, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Demme_Mordwerk_zu_Frauenburg.pdf/18&oldid=- (Version vom 31.7.2018)