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Redactoren wird keineswegs die Anwendbarkeit des §. 1193 auch auf einen solchen Fall, wie der hier vorliegende, ausgeschlossen. Die Ratio ist dieselbe. Bei Beiden, sowohl bei Demjenigen, der, um sich der Bezahlung einer Geldschuld zu entziehen, um das Fideicommiß zu behalten, mordet; als auch bei dem Mörder, der sich den Raub sichern will, liegen Eigennutz und Habsucht zum Grunde – Motive, die, am Meisten verbreitet, bei Verübung von Verbrechen die gefährlichsten sind, und deshalb durch die härtesten Strafgesetze unterdrückt werden müssen. Die Worte des Gesetzes passen gleichfalls auf beide Fälle. Es ist daher kein Grund vorhanden, die allgemeine Vorschrift des §. 1193 nicht auf den vorliegenden Fall anzuwenden; um so weniger ist sie auszuschließen, als Inquisit Wochen lang vorher die Begehung des Mordes zur nöthigen Sicherung bei dem Raube prämeditirt hatte, und zu diesem Zwecke auch beide Personen erschlug. – Inquisit ist sonach im gesetzlichen Sinne des Raubmordes schuldig.

III. Um zu erforschen, wodurch Inquisit bis zur Verübung der schaudervollen Missethat herabgesunken ist – überhaupt um die ethische Seite seines Verbrechens zu würdigen, muß hier noch sein inneres Leben und die Ausbildung seines Charakters näher ins Auge gefaßt werden.

Die Eltern des Inquisiten sind unbescholtene Leute. Der Vater scheint zur Härte geneigt und leidenschaftlich zu sein. Seine Strenge gegen seinen Sohn fand schon früh in dem trotzigen Charakter desselben eine Rückwirkung; sie erweckte in diesem schon in frühen Jahren einen Haß wider Denjenigen, auf dessen Liebe und Verehrung das Kind von der Natur ganz vorzüglich hingewiesen ist. So erinnert sich Inquisit schon aus der Zeit vor seinem siebenten Lebensjahr, daß, als sein Vater ihn einst zwang, sich noch länger im Lesen zu üben, er zwar die Lippen rührte, aber nicht wirklich las, sondern auf seinen Vater schimpfte. Nicht dieser kindische Vorfall an sich, sondern daß Inquisit jetzt noch denselben im Gedächtniß hat, beweist die schon damalige Stärke seines Grolles. – Im vierzehnten Jahre wurde er von seinem Vater einst stark gezüchtigt, und der Vater drohte ihm: er werde des Nachts ihn nochmals zu züchtigen kommen. Der vierzehnjährige Knabe nahm hierauf, als er sich zu Bette legte, dasselbe Beil, mit welchem er jetzt den Mord vollführt, mit sich, und legte es unter sein Bett – wie er selbst sagt, mit dem festen Vorsatze, seinen Vater, wenn dieser ihn zu züchtigen käme, damit vor den Kopf zu schlagen etc.

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Wilhelm Ludwig Demme: Das Mordwerk auf dem Dome zu Frauenburg. Helbig, Altenburg 1842, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Demme_Mordwerk_zu_Frauenburg.pdf/16&oldid=- (Version vom 31.7.2018)