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er „mit vorher überlegtem Vorsatze“ getödtet; also nach §. 826. einen Mord begangen hat.

In dem Moment der Ausführung mag K. sich in der äußersten Aufregung befunden und die Gedanken, die er damals gehabt, nicht einmal alle klar empfunden haben. Dies wird in der Regel bei dem Morde der Fall sein: nur geübte oder fanatische Mörder werden mit kaltem Blute Menschenleben opfern[1]. Das Motiv aber, welches seine Hand in dem Augenblick der That regierte, als er die Wirthschafterin wiederholt verwundete, als er dem Bischof die tödtlichen Streiche versetzte, war schon lange Zeit vorher bei ruhigem Nachsinnen überlegt; der Plan war schon lange entworfen. Diese vorhergegangene Ueberlegung charakterisirt nun aber eben die That als Mord. Nur, Wer im Affect die Tödtung beschließt und in diesem Affect ausführt, ist ein bloßer Todtschläger. Hat in dem einen, oder in dem andern dieser beiden Momente eine Ueberlegung stattgefunden, so ist ein Mord vorhanden.

Abegg a. a. O. §. 236; Martin a. a. O. §. 114. S. 261.

In dem gegenwärtigen Falle kommt indessen noch sogar hinzu, daß der Inquisit auch selbst in dem Augenblick der That den Vorsatz zu tödten überlegt hat. Als er den ersten Hieb gegen die Wirthschafterin führte, mag er vielleicht wirklich nur noch die Absicht gehabt haben, sie in dem Moment „unschädlich“ zu machen. Nachdem er bei dem zweiten Angriffe auf sie die Larve, die ihn am Sehen hinderte, abgeworfen hatte, und ohne Larve vor den Bischof trat, war sein früherer Plan, unerkannt zu bleiben, vereitelt. Er mußte jetzt auf den andern gleichfalls schon überlegten Vorsatz zurückkommen: wenn es seine Sicherheit verlange, die Ueberfallenen zu tödten. Er gesteht: „Ich habe diesen Mord, namentlich den am Bischofe aus dem Grunde verübt, weil ich, nachdem ich die Larve heruntergenommen und von ihm gewiß erkannt worden war, fürchtete, die ganze Sache würde durch ihn bekannt werden etc.“ „Der Gedanke, daß der Bischof mich erkannt habe, und daß durch das Verlöschen des Wachsstocks neuer Aufenthalt entstehe, versetzte mich in eine augenblickliche Wuth, und ich hieb mit meinem Beile den Bischof in den Kopf.“


  1. Der Herausg. erinnert an Feuerbach’s ergreifende Darstellung von dem Seelenzustand des Verbrechers während des Vollbringens der Blutthat im 1. Band (S. 93.) der „actenmäßigen Darstellung merkwürdiger Verbrechen.“ Vergl. auch Bd. 10. S. 312 Note und Bd. 12. S. 49 dieser Annalen.
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Wilhelm Ludwig Demme: Das Mordwerk auf dem Dome zu Frauenburg. Helbig, Altenburg 1842, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Demme_Mordwerk_zu_Frauenburg.pdf/14&oldid=- (Version vom 31.7.2018)