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man in dem gegenwärtigen Falle aus den spätern Thätlichkeiten gegen den Bischof nicht den Begriff des Raubes herleiten. Folgt man der zweiten Meinung, so würde man allerdings einen Raub annehmen müssen, wenn der spätere Angriff in der Absicht geschah, um die Entdeckung zu verhindern; denn soll es schon als Raub betrachtet werden, wenn der Thäter nach der Entwendung durch Mißhandlung Jemand von seiner augenblicklichen Ergreifung abhält, so ist der schwerere Fall noch viel mehr als Raub anzuerkennen, wo der Entwender durch die Tödtung des Bestohlenen seine Ergreifung und künftige Ausmittelung verhindern will.

Es käme aber alsdann schon hier darauf an, mit welcher Absicht der Inquisit den Bischof erschlagen; und man würde allein wegen der Thätlichkeiten gegen den Bischof noch keinen Raub annehmen dürfen, insofern der Inquisit wirklich, wie der Defensor behauptet, den Bischof, ohne Ueberlegung, nur in einem Zustande der Wuth getödtet hätte.

Vorläufig kann indessen die Erörterung dieser Frage noch ganz dahin gestellt bleiben; und es ist auch nicht nöthig, die obige Controverse zu entscheiden. Denn bei der Charakteristik der hier vorliegenden Entwendung ist nicht zu übersehen, daß Inquisit, bevor er irgend einen Gegenstand aus der Hand des Bischofs erhalten hatte, bevor also die Entwendung vollendet war, der Wirthschafterin, welche sich rasch in das Wohnzimmer zurückzog, nacheilte und ihr mit dem Beile einen scharfen Hieb gegen den Kopf versetzte, so daß sie verwundet zu Boden sank. Ueber die Absicht, in welcher der Inquisit hierbei handelte, kann kein Zweifel obwalten. Man erkennt sie aus seinen Worten: „ich hielt sie zwar nicht für todt, jedoch für betäubt und unschädlich.“ – Aus den Umständen und dieser Aeußerung ist es klar: Inquisit fürchtete, daß die entfliehende Haushälterin die Ausführung seines Plans verhindern würde. Um sie davon abzuhalten, sie unschädlich zu machen, schlug er sie noch vor der Entwendung nieder.

Sonach sind hier alle Requisite des Raubes, wie sie der oben allegirte §. 22. der Circular-Verordnung verlangt, vorhanden. Es bleibt dabei gleichgültig, daß nicht der Wirthschafterin, sondern dem Bischof Sachen entwendet wurden. In dem gemeinen Rechte ist es zwar einigermaßen zweifelhaft, ob die Gewalt gerade gegen den Besitzer ausgeübt sein muß;

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Wilhelm Ludwig Demme: Das Mordwerk auf dem Dome zu Frauenburg. Helbig, Altenburg 1842, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Demme_Mordwerk_zu_Frauenburg.pdf/10&oldid=- (Version vom 31.7.2018)