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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Angelegenheit seines Herzens als seiner Neugierde, und er ist auch vielleicht noch jezt nicht tolerant genug gegen diejenigen, welche die Philosophie nur deswegen treiben, um sich in ihrem Wissen eine Stufe über die andern zu erheben. Seine Geisteskräfte sind in einer glücklichen Mischung, und außer Urtheilskraft und Gedächtsniß hat er kein hervorstechendes Talent von der Natur erhalten. Er war bisweilen mißmüthig darüber, aber Mimer suchte ihm dadurch zu trösten, daß diese Talente bey einer kultivirten Nation eben die Dienste thäten, wie Sparsamkeit und Geld, wofür man alles andere einhandeln kann; und wenn man zwar weder durch Geld und Sparsamkeit, Gesundheit und Schönheit, noch durch Urtheilskraft und Gedächtniß, Genie und Anmuth erlangen kann, so dient doch beydes dazu, das wenige, was man davon hat, gehörig zu pflegen und es geltend zu machen. Dieses stärkte seinen Muth in so weit, daß er entschlossen war, wenn er auch in vielen zurück bleiben müßte, doch zu suchen, so weit zu gelangen als ihm möglich wäre. So sehr er von eitler Einbildung entfernt ist, so sehr fühlt er aber auch seinen Werth, ja er leugnet es nicht einmal, daß er stolz ist. Denn Stolz hält er für diejenige unter allen Leidenschaften, die so weit veredelt werden kann, daß sie den Aussprüchen der Vernunft nicht allein nicht entgegen ist, sondern ihr auch noch hilft, die andern zu beherrschen. Die andern Leidenschaften, pflegt er zu sagen, sind die Pferde an dem Wagen, der

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft12_101.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)