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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

hatte, zu welchen ihr Genuß ehmals verpflichtete. Der Staat hatte die Unterhaltung der Armen übernommen, und die Geistlichkeit behielt ihre Reichthümer. Der Staat besoldete mächtige Heere, und der Adel blieb steuerfrei. Wären die Edlen nicht zuweilen Opfer des nemlichen Vorurtheils gewesen, das sie auf eine so hohe Stufe emporhob, so hätten sie mit leichter Mühe den Bürgerstand noch von andern Vortheilen verdrängt, die ihm ausschließend blieben, weil der Adel sie unter seiner Würde glaubte. Allein während Künste und Handel für die bemittelte Bürgerklasse noch immer reiche Hülfsquellen öfneten, ward der ärmere Landmann der Raub der grausamsten Unterdrückung. Er zog das Loos für Kriegsdienste, in welchen er mit dem Adel immer die Gefahr, aber niemals Ehrenstellen und Belohnungen theilte, und bezahlte mit blutvermischtem Schweis den ungeheuern Prachtaufwand müßiger Großen. Man kennt den Bauer, der Rousseau auf seinen Wanderungen erst aus Mistrauen verschimmeltes Brod auftischte, und seinen Wein und seinen Käse nur dann gastfreundlich hervorlangte, da er versichert war, keinem Diener gieriger Finanzpachter Vorwand zu Erhöhung seiner Steuer zu geben. Man kennt den Ausruf eines andern, der sich einen Nagel in den Fuß trat: Welch Glück, daß ich in diesem Augenblick keine Schuhe trug! Wenn von sechs und zwanzig Millionen auch nur Einem das Elend ein solches Wort abnöthigt, dann ist es Zeit, daß die Unterdrückung endige.

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft12_036.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)