Seite:De Thalia Band3 Heft11 144.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Thalia schuldig zu seyn glaube. Mein Urtheil, in kurzen Worten und ohne Beweis hingeworfen, würde die Absicht, wegen welcher es verlangt und gesagt wird, sehr schlecht erfüllen, und zu vielen Worten fehlte mir die Zeit. Von mehrern dieser HH. Verfasser werde ich, wie ich vermuthe, jetzt schon losgesprochen seyn. Zwischen Einsendung Ihrer Beiträge und dieser meiner Erklärung ist bereits mehr als ein Jahr verflossen, und während eines Jahres pflegt sich bekanntlich in einem guten Kopfe gar vieles zu verändern. Sollte mir übrigens begegnet seyn, durch meine stillschweigende Verwerfung ein wirkliches Talent beleidigt zu haben, so wird sich dieses Talent sicherlich einmal durch vortrefliche Werke an der Ungerechtigkeit meines Urtheils rächen; mir aber vergebe man, wenn ich glaube, daß bey der kritischen Wahl, entweder das wahre Genie abzuschrecken, oder das falsche zu ermuntern, in ersterm Falle am wenigsten gewagt werde. Das wahre Genie richtet sich zwar zuweilen an fremdem Urtheile auf, aber das entwickelte Gefühl seiner Kräfte macht ihm bald diese Krücke entbehrlich.

Schiller.     
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_144.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)