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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Alters gemeinschaftlich erzogen, ernährt, und unterrichtet. Frühe lehrte man ihn Beschwerlichkeiten trotz bieten, und durch Leibesübungen eine Herrschaft über seine Glieder erlangen. Erreichten sie die Jünglingsjahre, so hatten die Edelsten unter ihnen Hoffnung Freunde unter den Erwachsenen zu erhalten, die durch eine begeisterte Liebe an sie gebunden waren. Die Alten waren bei ihren Spielen zugegen, beobachteten das aufkeimende Genie, und ermunterten die Ruhmbegierde durch Lob oder Tadel. Wenn sie sich satt essen wollten, so mußten sie die Lebensmittel dazu stehlen, und wer sich ertappen ließ, hatte eine harte Züchtigung und Schande zu erwarten. Lycurgus wählte dieses Mittel, um sie frühe an List und Ränke zu gewöhnen, Eigenschaften, die er für den kriegrischen Zweck, zu dem er sie bildete, eben so wichtig glaubte als Leibesstärke und Muth. Wir haben schon oben gesehen, wie wenig gewissenhaft Lykurgus im Betreff der Sittlichkeit war, wenn es darauf ankam, seinen politischen Zweck zu verfolgen. Uebrigens muß man in Betrachtung ziehen, daß weder die Entweihung der Ehen, noch dieser befohlene Diebstahl in Sparta den politischen Schaden anrichten konnten, den sie in jedem andern Staate würden zur Folge gehabt haben. Da der Staat die Erziehung der Kinder übernahm, so war sie unabhängig von dem Glück und der Reinigkeit der Ehen; da in Sparta wenig Werth auf dem Eigenthum ruhte, und fast alle Güter gemeinschaftlich waren, so war die Sicherheit des Eigenthums kein so wichtiger Punkt, und ein Angriff darauf – besonders wenn

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_038.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)