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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

daß ihre Kugeln in gerader Linie über die Mauern wegflogen und ihr Ziel ganz und gar verfehlten. Die Türken mochten ihre Batterien aufrichten, wo sie wollten: ihre Kanonen blieben ohne Wirkung, und wurden von den feindlichen unbrauchbar gemacht. Um diesem Nachtheil zu entgehen, kamen sie endlich auf den Einfall, ihr Geschütz nur des Nachts aufzupflanzen, des Morgens aber mit sammt den Schanzkörben und Sandsäcken in den Sand zu verscharren. Dieser Einfall gieng glücklich von statten. In der nächsten Nacht wurden über 500 Kanonen gegen die Westseite der Mauer losgebrannt, und das ganze Viertel stürzte in den Graben.

Schon triumphierten die Türken, und hofften in kurzem die Vestung in ihre Gewalt zu bekommen; aber wie sehr erschracken sie als bei einbrechenden Morgen eine andre mit Brustwehr versehene Mauer hinter dieser ersten hervorstieg. Dieser unerwartete Anblick vereitelte auf einmal alle ihre Mühe und benahm ihnen ihren Muth. Solimann gieng selbst hin, sie zu besichtigen, und da ihm die Nachricht gebracht wurde, daß dieses die unüberwindlichste Gegend der ganzen Festung wäre, beschloß er davon abzustehen, und andre Posten anzugreifen. Es geschah. Eine unglaubliche Menge von Kanonen bestürmten die vornehmsten derselben Tag und Nacht, und richteten großen Schaden an. Dieses Kanonenfeuer währte einen ganzen Monat lang. Am meisten hatte der italienische Posten gelitten.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft10_141.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)