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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält

der gegenwärtigen gefährlichen Stimmung des Volks leicht zu Gewaltthätigkeiten Anlaß geben könnte, die seine Freunde nur ins Verderben stürzen würden, so ließ er dieses Vorhaben fahren. Er ging einige Augenblicke lang mit edelm Anstand auf dem Gerüste auf und nieder, und beklagte, daß es ihm nicht vergönnet sei, für seinen König und sein Vaterland einen rühmlichen Tod zu sterben. Bis auf den lezten Augenblick hatte er sich noch nicht recht überregen können, daß es dem Könige mit diesem strengen Verfahren Ernst sei und daß man es weiter als bis zum bloßen Schrecken der Exekution treiben würde. Wie der entscheidende Augenblick herannahte, wo er das lezte Sakrament empfangen sollte, wie er harrend herum sah und noch immer nichts erfolgte, so wandte er sich an Julian Romero, und fragte ihn noch einmal, ob keine Begnadigung für ihn zu hoffen sei? Julian Romero zog die Schultern, sah zur Erde und schwieg.

Da biß er die Zähne zusammen, warf seinen Mantel und Nachtrock nieder, kniete auf das Kissen, und schickte sich zum lezten Gebet an. Der Bischoff ließ ihn das Crucifix küssen und gab ihm die lezte Oelung, worauf ihm der Graf ein Zeichen gab, ihn zu verlassen. Er zog alsdann eine seidene Mütze über die Augen, und erwartete den Streich – Ueber den Leichnam und das fließende Blut wurde sogleich ein schwarzes Tuch geworfen.

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft8_081.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)