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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

war das nur eine Muthmassung, und ich getraue mir nicht, sie für wahr auszugeben. Der Russe kam mit einem Paar Pistolen zurük, nachdem er eine halbe Stunde ausgeblieben war. Wir sahen sie ihn scharf laden. Es war beinahe zwei Uhr, als der Magier wieder erschien und uns ankündigte, daß es Zeit wäre. Ehe wir hinein traten, ward uns befohlen, die Schuhe auszuziehen und in bloßem Hemde, Strümpfen und Unterkleidern zu erscheinen. Hinter uns wurde, wie das erstemal, verriegelt.

Wir fanden, als wir in den Saal zurük kamen, mit einer Kohle einen weiten Kreis beschrieben, der uns alle zehen bequem fassen konnte. Rings herum an allen vier Wänden des Zimmers waren die Dielen weggehoben, daß wir gleichsam auf einer Insel standen. Ein Altar, mit schwarzem Tuch behangen, stand mitten im Kreis errichtet, unter welchen ein Teppich von rothem Atlas gebreitet war. Eine chaldäische Bibel lag bei einem Todtenkopf aufgeschlagen auf dem Altar, und ein silbernes Kruzifix war darauf fest gemacht. Statt der Kerze brannte Spiritus in einer silbernen Kapsel. Ein dikker Rauch von Olibanum verfinsterte den Saal, davon das Licht beinahe erstikte. Der Beschwörer war entkleidet wie wir, aber barfuß, um den bloßen Hals trug er ein Amulet an einer Kette von Menschenhaaren, um die Lenden hatte er eine weiße Schürze geschlagen, die mit geheimen Chiffern und symbolischen Figuren bezeichnet war. Er hieß uns einander die Hände reichen

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft4_090.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)