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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Schwermut wirft die bange Tränenlasten

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süßer von des Leidens Sturm zu rasten

     in der Liebe Busen ab.
Sucht nicht selbst das folternde Entzüken
Raphael in deinen Seelenbliken
     ungeduldig ein wollüst’ges Grab?

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Stünd’ im All der Schöpfung ich alleine,

Seelen träumt’ ich in die Felsensteine
     und umarmend küßt’ ich sie.
Meine Klagen stöhnt’ ich in die Lüfte,
freute mich, antworteten die Klüfte,

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     Thor genug, der süßen Sympathie.“ –


Liebe findet nicht statt unter gleichtönenden Seelen, aber unter harmonischen. Mit Wohlgefallen erkenne ich meine Empfindungen wieder in dem Spiegel der deinigen, aber mit feuriger Sehnsucht verschlinge ich die höheren, die mir mangeln. Eine Regel leitet Freundschaft und Liebe. Die sanfte Desdemona liebt ihren Othello wegen der Gefahren die er bestanden; der männliche Othello liebt sie um der Träne willen, die sie ihm weinte.

     Es gibt Augenblike im Leben, wo wir aufgelegt sind, jede Blume und jedes entlegene Gestirne, jeden Wurm und jeden geahndeten höheren Geist an den

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft3_124.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)