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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Wie gelangt nun die Kunst dazu, etwas vorzustellen, was über der Natur ist, ohne sich übernatürlicher Mittel zu bedienen? Was für eine Erscheinung muß das seyn, die durch natürliche Kräfte vollbracht wird (denn sonst wäre sie keine Erscheinung) und dennoch ohne Widerspruch aus physischen Ursachen nicht kann hergeleitet werden? Dieß ist die Aufgabe; und wie lößt sie nun der Künstler?

Wir müssen uns erinnern, daß die Erscheinungen, welche im Zustand des Affekts an einem Menschen können wahrgenommen werden von zweyerley Gattung sind. Entweder es sind solche, die ihm bloß als Thier angehören und als solche bloß dem Naturgesetz folgen, ohne daß sein Wille sie beherrschen oder überhaupt die selbstständige Kraft in ihm unmittelbaren Einfluß darauf haben könnte. Der Instinkt erzeugt sie unmittelbar und blind gehorchen sie seinen Gesetzen. Dahin gehören z. B. die Werkzeuge des Blutumlaufs, des Athemholens, und die ganze Oberfläche der Haut. Aber auch diejenigen Werkzeuge die dem Willen unterworfen sind, warten nicht immer die Entscheidung des Willens ab; sondern der Instinkt sezt sie oft unmittelbar in Bewegung, da besonders, wo dem physischen Zustand Schmerz oder Gefahr droht. So steht

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 380. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_380.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)