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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Beruhigungsgrund für die Sinnlichkeit (sonst wäre sie selbst erhaben) aber sie ist es nur mittelbar durch Ideen der Vernunft. Wir sehen das Furchtbare ohne Furcht an, weil wir uns der Macht desselben über uns, als Naturwesen, entweder durch das Bewußtseyn unserer Unschuld oder durch den Gedanken an die Unzerstörbarkeit unsers Wesens entzogen fühlen. Diese moralische Sicherheit postulirt also, wie wir sehen, Religionsideen, denn nur die Religion nicht aber die Moral stellt Beruhigungsgründe für unsere Sinnlichkeit auf. Die Moral verfolgt die Vorschrift der Vernunft unerbittlich und ohne alle Rüksicht auf das Interesse unserer Sinnlichkeit; die Religion aber ist es, die zwischen den Foderungen der Vernunft und dem Anliegen der Sinnlichkeit eine Aussöhnung eine Uebereinkunft zu stiften sucht. Zur moralischen Sicherheit reicht es also gar nicht hin, daß wir eine moralische Gesinnung besitzen, sondern es wird noch dazu erfodert, daß wir die Natur in Einstimmung mit dem Moralgesetz, oder was hier einerley ist, daß wir sie uns unter dem Einfluß eines reinen Vernunftwesens denken. Der Tod z. B. ist ein solcher Gegenstand, vor dem wir nur moralische Sicherheit haben. Die lebhafte Vorstellung aller Schreknisse des Todes, verbunden

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_339.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)