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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

kommen. Ein stundenlanger Garten führte mich dahin, bald gieng ich durch niedliche Traubengeländer, über Blumengefilde, in schattigten Lauben, bald ruhete ich aus unter einem ungeheuren Nußbaume, der voll kleiner muntrer Sänger, schon für sich eine schöne lebendige Welt ausmachte. An guten Leuten fehlte es auch nicht, die meine Fragen über diese Gegend beantworteten und mir gern jene kleinen Gefälligkeiten erwiesen, die dem Geber nichts kosten, und doch dem Empfänger oft unschätzbar sind. Einige belehrten mich über die ehmalige Größe und Wichtigkeit uralter Burgen, deren Ruinen jetzt, wie schauerliche Gerippe von Raubthieren, auf den Bergspitzen ernst und trauernd daliegen. So kam ich nach einigen Stunden auf die große Brücke vor Heidelberg. Hier rauscht der Neckar durch ein prächtiges Thal; ein herrlicher Anblick! Die Sonne gieng gerade unter, von ihren letzten Strahlen glühten die Gipfel der Berge, der Abendsturm saußte durch die Wälder, und die Nacht begann mit ihren Rabensittichen Land und Stadt zu verhüllen. Auf der Brücke war ein Gedränge von Menschen und Thieren, die zur Ruhe eilten, und in der Stadt trug ein ein feyerlicher Glockenklang den Tag zu Grabe. Ich suchte Ruhe in einem alten gothischen Gebäude, dessen Besitzer durch einen

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_272.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)