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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Schönheit der Bewegung ist ein Begriff, der beyden Foderungen Genüge leistet, die in dem angeführten Mythus enthalten sind. Sie ist erstlich objektiv und kommt dem Gegenstande selbst zu, nicht bloß der Art, wie wir ihn aufnehmen. Sie ist zweytens etwas zufälliges an demselben, und der Gegenstand bleibt übrig, auch wenn wir diese Eigenschaft von ihm wegdenken.

Der Gürtel des Reizes verliert auch bey dem Minder-Schönen, und selbst bey dem Nicht-Schönen seine magische Kraft nicht; das heißt, auch das Minder-Schöne, auch das Nicht-Schöne kann sich schön bewegen.

Die Anmuth, sagt der Mythus, ist etwas zufälliges an ihrem Subjekt; daher können nur zufällige Bewegungen diese Eigenschaft haben. An einem Ideal der Schönheit müssen alle nothwendigen Bewegungen schön seyn, weil sie, als nothwendig, zu seiner Natur gehören; die Schönheit dieser Bewegungen ist also schon mit dem Begriff der Venus gegeben, die Schönheit der zufälligen ist hingegen eine Erweiterung dieses Begriffs. Es giebt eine Anmuth der Stimme, aber keine Anmuth des Athemholens.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_120.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)