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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

hat sich die Leibeigenschaft noch erhalten, und wir vermindern sie nun. Wer Leibeigne hat, kann nicht für seine Freyheit, sondern nur für seine Herrschaft kämpfen; diese Wahrheit wird nun erkannt, und dieses giebt uns die Aussicht, auf die künftige Bildung eines freyern Staates, als bis jetzt sich noch in der Geschichte findet. – Kein Vorwurf trift unser Zeitalter mehr, als der des Luxus. Heimdal schilderte gestern seine traurigen Wirkungen so lebhaft, daß er meinen Verstand durch mein Herz gefangen nahm, und ich ihm recht ließ, um nicht mehr Kummervolles hören zu müssen; aber nun sehe ich auch davon Früchte, die der Begießung so vieler Thränen, als das Elend, das er uns bringt, kostet, werth sind. Läßt er uns oft den wahren Lebensgenuß gegen Schimmer aufopfern, so gewöhnt er uns dafür auch, die Form an den Dingen, die von uns sind, mehr als den rohen Stoff zu schätzen, der nicht in unsrer Gewalt ist. Er giebt uns ausser den wirklichen Gütern noch Güter der Einbildungskraft, die wir genießen können, ohne uns zu übersättigen. Die glückliche Einrichtung unsers Erdbodens erfodert kaum den zehnten Theil seiner Bewohner, um sie alle mit den nothwendigen Bedürfnissen zu versehen, und neun Zehntheil würden müssig seyn, oder alle würden neun Zehntheil ihrer

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_067.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)