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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Leider mißgönnte uns die einbrechende Dämmerung die helle Aussicht in die Ferne, und die herannahende Nacht zwang uns, die Schritte zu verdoppeln, um zeitig nach Chamouni zu kommen, und die nöthigen Anstalten zur Reise auf den Montanvert zu machen. Der helle Abend gewährte noch einige ungewöhnliche Erscheinungen. Die Strahlen der hinter die Berge gesunkenen Sonne waren nicht gelb oder roth, wie sie sich in unserm Lande zeigen, sondern ausserordentlich weiß, und breiteten sich wie lichte Streifen über den blauen Himmel. Die dünnen einzelnen Wolken sahen einem feinen durchsichtigen Gewebe ähnlich, durch welches die Sterne mit ungleich größerm Glanze als in unsern Gegenden schimmerten. Um halb acht kamen wir in Chamouni an. Die Menge von Fremden hatte alle gute Zimmer des Wirthshauses eingenommen, so, daß wir diesen Abend mit der schlechtern Wohnstube vorlieb nehmen mußten. Vom gedeckten Tische eilten wir sogleich zur Ruhe, denn wir hatten den mühsamsten Gang noch vor uns. In der Nacht erweckte mich wieder der Donner einer Lavine oder Avalanche, und gegen Morgen der heftige Sturm des Windes. Unser Guide oder Wegweiser, den wir des Abends vorher bestellt hatten, fand sich mit Anbruch des Tages ein. Seitdem die Reisen in

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_021.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)