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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

die Gesetze, sprechen: wer das wollte, was ihm geschieht, dem geschieht kein Unrecht. – Ausser der Gerechtigkeit besizt Amor auch die höchste Mäßigkeit. Unter Mäßigkeit versteht man nämlich nichts anders, als Herrschaft über die Begierden und Leidenschaften. Nun wird aber Liebe allgemein für die stärkste Leidenschaft gehalten. Die andern Leidenschaften als die schwächeren, können also von Amor bezwungen werden, und er, der die andern Leidenschaften bezwingen kann, muß folglich in vorzüglichem Sinne mäßig seyn. – In Rücksicht der Tapferkeit aber kann sich Mars selbst nicht mit Amor messen. Mars hat nie eine solche Gewalt über den Amor ausüben können als Amor über ihn. Wir wissen, was die Mythen von ihm und der Venus, erzählen. Nun ist der bekanntlich stärker, der die Gewalt ausübt, als der der sie leidet; wer aber stärker ist als der tapferste, der muß tapfrer als alle seyn. – Von der Gerechtigkeit, Mäßigkeit, und Tapferkeit des Gottes, hoffe ich euch nunmehr überzeugt zu haben. Noch habe ich von seiner Geschicklichkeit nichts gesagt. Dieß ist aber gerade eine Seite, die ich am wenigsten unberührt lassen will. Zuerst also – damit ich meiner Kunst auch eine Ehre anthue, wie Eryximachus der seinigen – Amor ist ein vortreflicher Dichter, so vorzüglich, daß er auch andere sogar dazu umschaffen kann. Wer auch die Musen

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_225.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)