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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

kann auf den zärtlichen Ausruf seiner Mutter: „ich Unglückseelige! was werdet ihr thun?“ kalt erwiedern: „das wird sich zeigen.“ Der eigenmächtige Wille des Despoten wird auch der Wille des devoten Sklaven. Prometheus, ein Feind Jupiters ist auch von Kratos gehaßt. An ihm sobald als möglich seine Rache zu üben, sich an seiner Quaal zu weiden, und ihn darob zu verhöhnen, sehnt sich sein gefühlloses Herz. Die Leidenschaft der Rache will bald befriedigt seyn. Mit der kleinen Lust der Schadenfreude ist auch der Hang zum Hohn verbunden. In seiner Einbildung ist es die höchste Wonne, den Leidenden seine Standhaftigkeit verlassen zu sehen, sein Jammergeschrey zu hören, und gerade aus dem Ausdruck des Schmerzes Stoff zum Spott zu ziehen. Die Klagen des Polynices geben seinem ungerechten Bruder nur Gelegenheit, ihn zu verhöhnen [1]. Wie Kratos seine Erwartung getäuscht sieht, wie der große Dulder keinen


  1. Phoeniss. Act. 2.
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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_075.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)