Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. | |
|
Sprangen wir ans Ufer, ich verschwand;
Trieb mich hungernd durch Navarras Wüsten
Und nach langen jammervollen Fristen
Kam ich schmachtend, sterbend in das Land,
Wo ich Leben sog an meiner Mutter Brüsten.
Meinen Blick mit dicken Finsternissen:
Eilend wankt’ ich auf den ungewissen
Pfaden hin mit vorgestreckter Hand;
Rang mich durch von Ast und Dorn gerissen,
Und den kalten Nachtthau durstig trank.
Aechzend lag ich zwischen Tod und Leben,
Und noch sterbend, Emma, dacht’ ich dein.
Plötzlich wird es lauter in den Wüsteneyen
Mir ins Ohr, die Nacht verschlingt ein Fackelschein;
Ich ermanne mich mein Haupt empor zu heben
Moruan, mein Feind, von Reisigen umgeben,
Steht vor mir. „Was!“ ruft er, „soll das seyn?
Deine Seele scheint am Thor des Tods zu schweben.“
Sprachs im Spott, „drum helf ich ihr hinein.“ –
Flüche hatt’ ich auf den starren Lippen,
Doch der Bube stieß sein Schwert mir durch die Rippen.
Und ich starb in Todesohnmacht hin.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 418. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_418.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)