Seite:De Neue Thalia Band1 218.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

in einander gegründete Begebenheiten müssen sich mit einander zweckmäßig zu einem Ganzen verbinden, wenn die Wahrheit, d. i. die Uebereinstimmung eines vorgestellten Affekts, Karakters und dergleichen mit der Natur unsrer Seele, auf welche allein sich unsre Theilnahme gründet, erkannt werden soll. Wenn wir es nicht fühlen, daß wir selbst bey gleichen Umständen eben so würden gelitten und eben so gehandelt haben, so wird unser Mitleid nie erwachen. Es kommt also darauf an, daß wir die vorgestellte Handlung in ihrem ganzen Zusammenhang verfolgen, daß wir sie aus der Seele ihres Urhebers durch eine natürliche Gradation unter Mitwirkung äußrer Umstände hervorfließen sehen. So entsteht und wächst und vollendet sich vor unsern Augen die Neugier des Oedipus, die Eifersucht des Othello. So kann auch allein der große Abstand ausgefüllt werden, der sich zwischen dem Frieden einer schuldlosen Seele und den Gewissensquaalen eines Verbrechers, zwischen der stolzen Sicherheit eines

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_218.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)